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Argentinien am Scheideweg

Steht ein neuer Rutsch des Peso bevor?

NTG24 - Argentinien am Scheideweg

 

Der frühere Präsident Uruguays, Pepe Mujica, beschrieb vor Kurzem die Situation auf der anderen Seite des Rio de la Plata, dem Grenzfluss zwischen Uruguay und Argentinien, so: Man brauche dort keinen Politiker als neuen Präsidenten, sondern einen Zauberer.

Damit spitzte er die Perspektive zu, dass nur noch Zauber in der Lage ist, die Probleme Argentiniens zu lösen. Denn glaubt man den Wahlslogans der Präsidenten seit dem Staatsbankrott 2001/2002, müsste das mit Rohstoffen und fruchtbarem Boden gesegnete Land eigentlich blendend dastehen.

 

Rinder

Bildnachweis: © EMH Service GmbH

 

Tut es aber nicht, und daran dürfte auch die Präsidentschaftswahl am Sonntag nicht viel ändern. Dass man die höchste offizielle Arbeitslosigkeit seit 14 Jahren hat und die Tatsache, dass mehr als 35 % der Argentinier unterhalb der Armutsgrenze leben, nicht allein dem aktuellen Präsidenten Macri anlasten darf, liegt nahe. Denn was die relative Stabilität Argentiniens unter seiner Vorgängerin Fernandez de Kirchner 2007 bis 2015 möglich machte, waren vor allem eine lange Phase hoher Rohstoffpreise, die zusätzliche Devisen ins Land brachten, nicht aber auf bessere staatliche Institutionen oder deren Politik zurückzuführen sind.

 

Die Entwicklung seit dem Staatsbankrott 2001

 

Ein Blick auf den langfristigen Kursverlauf des argentinischen Peso gegenüber dem US-Dollar zeigt, dass sich der Peso, der seit 1989 bis zum Staatsbankrott im Verhältnis 1:1 an den US-Dollar gekoppelt war, seither auf ein Sechzigstel auf nunmehr 60:1 gefallen ist (linkes gelbes Quadrat). Die verbesserten Terms of Trade der ,,fetten Jahre‘‘ stabilisierten die Regierungszeit unter Präsident Kirchner und seiner Frau und Nachfolgerin. Der Einbruch der Rohstoffpreise zwang dann ihren Nachfolger Macri zur Freigabe des vorher von Dauerinterventionen der argentinischen Notenbank geplagten Pesokurses (rechtes gelbes Quadrat) im Dezember 2015. Dabei entwich die politisch erhitzte Luft in Form der Überbewertung des Peso.

 

Peso long term

 

Seither hat der derzeitige Präsident Macri mit dem wohl richtigen Grundansatz, aber ohne die nötige Sensibilität für das Timing und Sequenzing seiner Politikziele die Lage insgesamt nur verschlimmbessert. Denn er einigte sich zwar mit den Altgläubigern auf eine Schuldenquote und konnte dadurch an den Märkten neues Kapital aufnehmen. Genutzt hat es ihm aber wenig, weil am Ende die Investitionen nicht kamen. Zu verfilzt sind die Institutionen, zu gering ist das Vertrauen der Argentinier in ihren Staat.

Nach einer Vorwahl zu den Präsidentschaftswahlen im August 2019, die Macri deutlich verlor, hat der Peso schlagartig erneut von etwa 45 Peso je Dollar auf rund 60 Peso abgewertet. Dies bewirkte zwar, dass der Präsidentschaftskandidat Fernandez die scharfe Wortwahl etwas abmilderte. Wie er und seine Vizepräsidentschaftskandidatin Fernandez de Kirchner die darniederliegende Wirtschaft und den Peso wieder stabilisieren wollen, wird nicht erklärt.

Dies dürfte aber für die weitere Entwicklung des argentinischen Peso von entscheidender Bedeutung sein. Dies dürfte aber insbesondere die Ratingagenturen interessieren. Fitch hat das Land bereits auf RD (Restricted Default = eingeschränkter Zahlungsausfall) gestuft.

 

Peso in Dollar

 

Wie bei dieser Perspektive Argentinien seine hohen Dollarschulden bezahlen soll, wird wohl der neue Präsident überzeugend erklären müssen. Ohne Vertrauen geht es eben nicht. Nicht in Buenos Aires, und auch nirgendwo anders.

 

Fazit

 

Die anstehende Präsidentenwahl dürfte den argentinischen Peso weiter schwächen. Eine Verstärkung der Kapitalverkehrskontrollen ist dabei nicht auszuschließen. Also Anlagewährung eignet er sich deshalb zur Zeit nur bedingt.

 

25.10.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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