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Britische Wirtschaft mit magerem Wachstum

Das Pfund - Wachstumsschwäche und Zinssenkung voraus?

NTG24 - Britische Wirtschaft mit magerem Wachstum

 

Die britische Wirtschaft ist im November 2019 nur noch mit einer Jahresrate von 0,6 % gewachsen. Dies teilte das Nationale Statistikamt des Vereinigten Königreiches heute mit. Im Oktober hatte die annualisierte Wachstumsrate noch bei 1 % gelegen.

Damit wuchs die britische Wirtschaft im November so schwach wie seit Juni 2012 nicht mehr.

Die jüngsten Zahlen müssen allerdings vor dem Hintergrund der Unsicherheit über die politische Ausrichtung des Landes und der damit einhergehenden richtungsweisenden Unterhauswahl am 12.12.2019 bewertet werden.

 

Statistisch nachlaufende Unsicherheit

 

Nachdem der alte und neue Premierminister Boris Johnson mit der größten Mehrheit für die konservative Partei seit den 80er Jahren gewählt wurde, will er nun einen Austritt Großbritanniens aus der EU Ende Januar 2020 vollziehen. Die Labour-Partei ging nicht zuletzt durch die diffuse Taktik ihres Vorsitzenden Corbyn machtpolitisch unter.

Das zentrale Wahlversprechen, der Austritt aus der EU, ist damit die zentrale außenpolitische Priorität der britischen Regierung. Um den abzusehenden Rückgewinn staatlicher Souveränität zu sichern, ist allerdings eine wirtschaftspolitische Abfederung nötig. Denn nicht nur die Unsicherheit vor den Wahlen bremsten die Zuversicht der britischen Wirtschaft und damit ihre Investitionen im Inland. Auch die harte Haltung der EU-Kommission, die damit den proeuropäischen Kräften auf der Insel Wahlkampfargumente gab, vergrößerte die Ungewissheit über die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und UK.  

 

London

Bildnachweis: © Telefonaktiebolaget L. M. Ericsson

 

Nach der politischen Scheidung müssen Großbritannien und die Europäische Union ihre künftigen Beziehungen klären, vor allem im Handel und im Bereich Justiz. Premierminister Boris Johnson hat bereits angekündigt, dass er die Frist bis Ende des Jahres nicht verlängern werde. Die neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hält dies allerdings für praktisch unmöglich. Und schließlich steht nun der Abschluss vieler bilateraler Handelsabkommen mit Ländern außerhalb der EU an. Prominente Unterstützung bekommt Johnson dabei aus dem Weißen Haus. US-Präsident Trump versprach schon mal ein für Großbritannien günstiges Freihandelsabkommen.

Einstweilen zeigen die nachlaufenden Indikatoren den schwachen Puls der britischen Wirtschaft. Allerdings hat sich im Zuge dessen die Tonart der britischen Notenbank deutlich gemäßigt. Hatte der Chef der Bank von England, der kanadische Ex-Goldman Sachs Banker Mark Carney, bis vor einigen Wochen noch Zinserhöhungen erwarten lassen, so kündigte er nun am Donnerstag vergangener Woche eine schnelle Reaktion der Geldpolitik für den Fall an, dass die Wachstumsschwäche anhält. Zudem verwies Carney auf die Möglichkeit umfangreicher Wertpapierkäufe, die seit der Finanzkrise weltweit als eine wesentliche Komponente monetärer Stimulation genutzt werden.

Parallel zu diesen Aussagen stieg die Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung bereits Ende Januar von 21 % in der vergangenen Woche auf inzwischen 50 % angestiegen.

Das britische Pfund hat ebenfalls auf die neuen Wirtschaftsdaten und deren Auswirkung auf die Zinspolitik der Bank von England reagiert.

 

Pfund gegen Dollar

 

Gegen den US-Dollar lief das britische Pfund in der Erleichterungsrally bis an seine mittelfristige Trendlinie. Sollten nun die Wachstumsdifferenz zwischen den USA und Großbritannien zunehmen, ist auch mit einer zumindest kurzfristigen Schwäche des Pfundes gegen den US-Dollar zu rechnen. Ein Test der Kurse vor der Parlamentswahl um 0,83 GBP läge dann durchaus im Bereich des Möglichen. Allerdings ist auch in den USA das Ausmaß der geldpolitischen Lockerung ,,datenabhängig‘‘. Einstweilen könnte sich der Wechselkurs zum US-Dollar im Bereich zwischen 0,75 GBP und 0,8 GBP je Dollar stabilisieren.

 

Pfund gegen Euro

 

Gegen den Euro stieg das Pfund in den vergangenen Wochen deutlich an und testete dabei die Euro-Unterstützung am Tag nach der Parlamentswahl mit einem Monatstief von 0,8276 GBP je Euro. Nach den schwachen Wirtschaftsdaten ist er heute wieder auf 0,8569 GBP gestiegen. Sollte die Bank von England zur Stabilisierung im Zuge des EU-Austritts wirklich die Zinsen senken, ist eine Abschwächung des Pfundes bis in den Bereich von 0,88 GBP wahrscheinlich.

 

Fazit

 

Das britische Pfund spiegelt aktuell die Unsicherheit vor den Parlamentswahlen und die wachsende Möglichkeit weiterer geldpolitischer Lockerungen wider. Gleichwohl sollte man nicht vergessen, dass Großbritannien seine neugewonnene Freiheit zügig in Wachstum umwandeln will und deshalb bestrebt sein wird, möglichst schnell viele bilaterale Freihandelsabkommen abzuschließen. Zudem bleibt auch daran zu erinnern, dass Großbritannien nicht das erste Mal in der Geschichte eine (Anlage-) Alternative zum Euroraum darstellt. Sollte sich dies in den entsprechenden Kapitalströmen widerspiegeln, könnte es zu einer plötzlichen Aufwertung gegen den Euro kommen. Für die nahe Zukunft bleibt abzuwarten, wie schnell sich das Vertrauen in die britische Politik erholt und wie schnell und stark die geldpolitischen Lockerungsübungen der Bank von England ausfallen.

 

13.01.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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