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Hat der Euro fertig?

Die Perspektiven des Euro

NTG24 - Hat der Euro fertig?

 

Man muss Prof. Draghi lassen, dass er sich bei seinem letzten Auftritt als EZB-Chef treu geblieben ist. Er geht als ein EZB-Präsident in die Geschichtsbücher ein, der nie die Zinsen erhöht hat. Ob zum Guten oder nicht, er hat es auch geschafft, den Euro über seine Amtszeit zu retten. Ob dies auch geschehen wäre, wenn die Zinsen nicht so tief lägen, die EZB nicht Billionen von Euro an überteuerten Staatsanleihen in ihre Bilanz hineingekauft hätte, wird wohl sein Geheimnis bleiben.

 

Kurzfristige Perspektive - langfristiger Erfolg?

 

Aber wenn er sich jemals wieder wissenschaftlich mit seinen Aufgaben als Notenbanker beschäftigen sollte, wird er über einen reichhaltigen Fundus an Prozesswissen verfügen, an denen er die Ergebnisse seiner eigenen Doktorarbeit von 1977 testen kann. Denn darin beschäftigte er sich in Kapitel 2 mit den theoretischen Grundlagen einer Währungsabwertung und in Kapitel 3 mit der Zielerreichung langfristigen Planungszielen durch kurzfristige Stabilisierungspolitik. Sein Ergebnis: Wenn ein Planer eine Politik implementiert, die auf kurzfristige Ziele ausgerichtet ist, erreicht er seine langfristigen nicht.

 

EU Flagge

Bildnachweis: © Finance & Research AG

 

Zunehmende Wirkungslosigkeit geldpolitischer Instrumente ...

 

Wenn in seiner Ära als EZB-Chef sein Ziel war, die Existenz des Euro zu retten und dafür zu tun ,,whatever it takes‘‘, dann hat er sein Ziel vorerst erreicht. Ob die langfristige Zielerreichung dadurch wahrscheinlicher geworden ist, wird wohl insbesondere von seiner Nachfolgerin abhängen. Gemessen an der Wirkungsstärke der geldpolitischen Antibiotika, die Draghi dem Euro verabreichte, muss man allerdings konstatieren, dass er seine Ziele nicht erreicht hat. Die Inflationsrate ist unter Zielgröße und sinkt weiter, der Zugewinn an längerfristig geschaffenen Jobs ist gerade in Südeuropa weiter gering und die Verschuldung wurde nur mit der Brechstange deutschen Dauerdrucks halbwegs im Rahmen gehalten.

Hinzu kommt, dass der Widerstand gegen seine geldpolitische Ausrichtung gerade in seinem letzten EZB-Meeting massiv anstieg. Neben Bundesbank-Chef Weidmann war es auch der französische Notenbank-Präsident sowie Vertreter Estlands, die Niederlande und Österreichs. Was allerdings passieren wird, wenn Frau Lagarde ab November die Liquiditätsversorgung nicht längerfristig locker lässt, kann derzeit niemand abschätzen.

 

... und zunehmende Imbalancen

 

Denn der Euro bewegt sich nach den gestrigen geldpolitischen Lockerungen zwischen kurzfristiger Enttäuschung mit anschließender Aufwertung und langfristiger Wirkungslosigkeit bei sinkender Wirksamkeit der Geldpolitik. Stattdessen monierte der niederländische Notenbankchef Kloot, dass es schon Anzeichen für verzerrte Kurse an den Finanzmärkten und eine überhöhte Risikobereitschaft im Immobilienmarkt gibt. Das klingt erst einmal nicht nach steigender Stabilität und nachhaltigem Wachstum. Und dass die extrem niedrigen und insbesondere negative Zinsen die Unsicherheit nicht verringern, die die Investitionen belasten, dürfte auch klar sein.

Derweil sieht US-Präsident Trump die neue Lockerung der Geldpolitik als Versuch, den Euro zulasten der US-Exportwirtschaft abzuwerten. Und so nahm er den Ball gerne auf und forderte die US-Notenbank auf, den US-Leitzins deutlich zu senken. Zudem meinte Trump mit Blick auf den Euro: ,,Sie werden dafür bezahlt, Geld zu leihen, während wir Zinsen bezahlen!" Ein Blick auf den Kursverlauf des Euro gegen den US-Dollar zeigt derweil keine Trendwende, was vor dem Hintergrund der Zinsdifferenz und des Kapitalabflusses aus dem Euro auch nicht überrascht.

 

USD EUR

 

Wie man es auch dreht und wendet: Die Zentralbanken sind weiter fleißig dabei, die Kaufkraft des Geldvermögens zu verringern. Deshalb besteht für Investoren und Sparer dringender Handlungsbedarf, gerade weil die Zinsen extrem niedrig bis nicht vorhanden sind. Dies zeigt an, dass nicht mit einer Normalisierung des Zinsumfeldes zu rechnen ist. Das nagt über implodierende Gewinnmargen von Banken an der Kapazität, Schocks zu absorbieren. Es nagt am Wert der Altersvorsorge, wo die Lücke zwischen Ablauffiktion und realem Kapitalwert immer größer wird. Und es lässt die Zweifel wachsen, ob die Notenbank der richtige Adressat für die Forderung nach Stimulation ist.

Prof. Draghi hat in der Pressekonferenz im Anschluss an die EZB-Sitzung am Donnerstag ungewöhnlich deutlich gemacht, dass der Ball schon immer im Feld der Regierungen lag. Da hat er Recht. Ob das reicht, den Euro stabil zu halten, darf bezweifelt werden.

 

13.09.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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