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CBDC und die Europäische Union

Die EU und die legitime Geldordnung

NTG24 - CBDC und die Europäische Union

 

Die geflügelten Worte, wie man einem Eskimo einen Kühlschrank verkauft, sind weithin bekannt. Ähnlich fühlt man sich, wenn man sieht, wie sich die Zentralbanken derzeit um eine digitale Währung und, mandatswidrig, um die Rettung des weltweiten Klimas bemühen und so an einem neuen Status-Quo-Bias basteln, der ein neues Narrativ stützen soll. Ziel des Narrativs ist dabei nicht primär stabiles Geld und das Klima. Denn bevor man daran geht, sich als Notenbank mit dem Umweltschutz zu beschäftigen, muss man in einem Gebiet mit Rechtsstaat, wie die EU für sich beansprucht, eine Legitimation schaffen, die aber nach den Gründungsdokumenten der EZB nicht gegeben ist. Ohne den evolutiven Charakter der EU als emergente Rechtsordnung in Abrede zu stellen, eine Aneignung dieser Aufgaben im Zuge einer Kompetenz kraft Sachzusammenhang oder kraft der Natur der Sache in einer Gruppe von ,,Herren der Verträge‘‘, den Nationalstaaten, ist hochbrisant.

 

Zu welchem Ende hin...

 

Aus der Vogelperspektive geht es auch lange nach den Römischen Verträgen um zwei zentrale Grundfragen, die sich seit dem Beginn des europäischen Einigungsprozesses stellen und welche nach wie vor einer überzeugenden Antwort harren.

Einerseits geht es um die Kernfrage nach dem Wesen der Europäischen Union, andererseits um die Frage, zu welchem Ende hin die EU sich entwickeln soll, ihre Finalität.

 

Euro

Bildnachweis: © EMH Service GmbH

 

Eine Konsequenz der bislang divers debattierten Möglichkeiten ist ein unterschiedliches Freiheits- bzw. Souveränitätsmaß der Nationalstaaten. Die Diskussion bewegt sich hier zwischen den Polen des Intergouvernementalismus, welches als finales Ziel einen Staatenbund anstrebt, und der Supranationalität, die als Endziel einen Bundesstaat anstrebt. Juristisch elastisch hat das deutsche Bundesverfassungsgericht 1993 politischen Spielraum geschaffen, als es einen supranationalen Staatenverbund zuließ. Und dort, wo die hergebrachten Begrifflichkeiten versagen, hilft man sich als Jurist mit der Qualifikation als Sache sui generis, wie der Staatsrechtslehrer Josef Isensee es nennt.

 

Spannungsfeld zwischen Effektivität und Legitimität

 

Der neue Trend zur Digitalisierung ist nun aber ein globaler Trend, der ein globales Handeln einer EU-Institution erzwingt, um ihre Aufgaben noch wirksam zu erfüllen. Und soll die Rechtsordnung der EU noch durch das Prinzip der Subsidiarität geprägt sein, so darf man ein solches im internationalen Kontext durchaus bezweifeln. Und so kann man die Aneignung der Kompetenz internationaler und supranationaler Institutionen und Agenturen durchaus anfechten.

Die Argumente für eine digitale Währung, die einen Sachzwang für eine faktische Kompetenzabtretung durch einen Agenten (EZB) anstelle seines Prinzipals (EU-Nationalstaaten), sind dabei nicht kleinzureden. Denn Fakt ist, dass die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs die Notenbanken in die Bredouille bringt. Je mehr Alternativen es zu traditionellem Geld gibt (Stablecoins, Libra oder Bitcoin) und je mehr Menschen diese Alternativwährungen nutzen, desto geringer die Steuerungskraft der Geldpolitik der Notenbanken.

Aus dieser Perspektive ist die Beschleunigung der Einführung von digitalem Zentralbankgeld auch ein Versuch, die eigene geldpolitische Macht zu sichern. Und andere sind schon weiter: Schweden plant eine eigene Digitalwährung, und auch in Singapur und China planen die Zentralbanken, digitale Version ihrer Währungen. Die chinesische Zentralbank hat ihre CBDC bereits mit ausgewählten Banken getestet. Ein im Oktober verabschiedetes Kryptowährungsgesetz trat am 1. Januar 2020 in China in Kraft. 

Dass man aber immer die Rechnung mit dem Wirt machen sollte, zeigt ein Auszug aus einem Arbeitspapier zu den digitalen Währungen der Zentralbanken (CBDCs) von Ulrich Bindseil, dem Generaldirektor für Marktinfrastruktur und Zahlungen der EZB vom 03.01.2020: ,,Es wird anerkannt, dass die Lösung des Problems der strukturellen und zyklischen Bankendisintermediation nicht notwendigerweise zu der Schlussfolgerung führt, dass es für CBDC ein ausreichendes universelles Geschäftsmodell gibt. Die Vorteile der Einführung von CBDC hängen von den Vorlieben der Geldnutzer und den verfügbaren Zahlungsalternativen ab.“ 

 

Fazit

 

Die von EZB-Präsidentin Lagarde angekündigte Überprüfung der geldpolitischen Strategie der EZB dürfte auch ein Weg aufzeigen, wie die Notenbank ein potenziell insolventes Bankensystem umgehen kann. Als Krisenbeschleuniger wäre eine europäische Bankenkrise ein Ereignis, welche nicht nur für die Digitalisierung eine Kompetenz kraft Sachzusammenhang oder kraft der Natur der Sache schaffen könnte. Sie könnte sogar dazu dienen, die per EU-Recht ausgeschlossene Übernahme der Schulden durch andere EU-Mitgliedsländer mit der Macht des Faktischen rechtlich zu verdrängen!

Wie dabei die demokratische Legitimation gewahrt werden soll, muss hinterfragt, aber auch einstweilen offenbleiben. Wenn allerdings die EZB und die anderen Zentralbanken die Gläubiger von Schuldgeld mit keynesianischer Wirtschaftspolitik nicht mehr zum Konsum und zur Kreditaufnahme animieren können, dürfte die Klippen des Rechtsstaats nicht mehr weit sein. Die Rechtsentwicklung der EU könnte dann ganz schnell an der demokratischen Kraftlosigkeit in Luxemburg und Brüssel scheitern.

 

28.01.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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