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Fresenius / FMC: Mutter und Tochter im Vergleich

Das Börsenduell

NTG24 - Fresenius / FMC:  Mutter und Tochter im Vergleich

 

Am 29.10. wird ab 13.30 Uhr die mit Spannung erwartete Vorlage der Zahlen zum 3. Quartal 2019 des weltführenden Medizintechnik-Dienstleisters FRESENIUS SE (DE0005785604), wie auch seines börsennotierten, gemessen am Aktienanteil 31-%igen Tochterunternehmens FRESENIUS MEDICAL CARE / FMC (DE0005785802) erfolgen. Bei beiden Unternehmen rührt das starke Augenmerk auf den jetzigen Ergebniszahlen gleichermaßen daher, dass die letzten zwei Jahre für beide Unternehmen geschäftlich sehr enttäuschend verliefen, beide Aktien nun aber charttechnisch ziemlich exakt an ihren 5 - 6jährigen primären Aufwärtstrendunterstützungen angekommen sind. Eine weitere Ergebnisenttäuschung kann also ebenso leicht einen nachhaltigen Bruch dieser Langfrist-Unterstützungen auslösen, wie auch im Falle einer positiven Überraschung beiden Aktien erneuten Rückenwind verleihen. Wie Anleger nun mit dieser auf Messers Schneide stehenden Ausgangskonstellation beider Aktien umgehen sollten, und ob derzeit die Mutter oder Tochter Fresenius das attraktivere Familienmitglied für ein Engagement ist, analysieren wir in dieser Ausgabe des BÖRSENDUELLS.

 

Chart:  FRESENIUS SE vs. FRESENIUS MEDICAL CARE

 

Chart: Fresenius und FMC

 

Fresenius SE und FMC: Geschäftsentwicklung 1. Halbjahr 2019 und aktuelle Projekte

 

Vor allem auf der Ebene des Gesamtkonzerns Fresenius fielen die zurückliegenden Halbjahreszahlen per 30.06. sowohl umsatz- wie gewinnseitig enttäuschend aus. Obwohl zum 1. Halbjahr der Umsatz von rd. 17,3 Mrd. Euro die Erwartungen der Analysten nahezu exakt getroffen hatte, wurden diese mit der Reingewinnpublikation von nur 1,68 Euro je Aktie gleich um 5 % verfehlt. Wenigstens etwas besser schnitt in dieser Hinsicht zum Halbjahresschluss die Nierendialyse-Tochter Fresenius Medical Care ab, die bei einem um 1,4 % höher als erwartet ausgefallenen Umsatz jedoch ebenfalls gewinnseitig um rd. 3,5 % hinter den Analystenschätzungen zurückgeblieben war. Insgesamt konnte auf der Ebene des Mutterkonzerns Fresenius per 30.06. trotz eines ansehnlichen 6 %-igen Umsatzanstiegs (inkl. Währungseffekten) der Reingewinn in den ersten 6 Monaten gegenüber dem Vorjahr auf vergleichbarer Geschäftsbasis nur unverändert behauptet werden, d. h. konzernweit stand das erste Halbjahr ganz im Zeichen eines enttäuschend starken Margendrucks.

Welche Hintergründe gab es hierfür?  Die Reingewinnstagnation bei Fresenius im 1. Halbjahr 2019 beruhte ausschließlich auf Gewinneinbußen ausgerechnet der beiden größten Sparten „Nierendialyse“ Fresenius Medical Care (FMC) und „Krankenhausbetrieb“ Fresenius Helios, die per 30.06. einen gemeinsamen Konzernumsatzbeitrag von immerhin 76 % beisteuerten. Der Gewinnrückgang von FMC gegenüber dem 1. Halbjahr 2018 um -1 % war dabei zwar im Wesentlichen auf eine sehr hohe Vorjahresbasis zurückzuführen. Jedoch belasteten hohe Investitionen in den Ausbau der Nierendialyse-Technologien, gerade auch im Bereich margenschwächerer Heimdialyse-Verfahren (z. B. im 1. Quartal Erstkonsolidierung des für 1,7 Mrd. Euro neu erworbenen Heimdialyse-Dienstleisters NxStage) das Ergebnis von FMC ebenso.

FMC kommt zur Vermeidung zu starker Umsatzrückgänge jedoch dennoch um den margenzehrenden Ausbau kostengünstigerer ambulanter oder gar privat zu Hause vorgenommener Nierendialysen gerade in den USA immer weniger herum, nachdem die Trump-Regierung hier mit der Abschaffung von OBAMACARE die Kostenübernahmezwänge der Krankenkassen zur Entlastung deren Budgets (und damit auch des US-Gesundheitshaushalts) deutlich reduziert hatte. Wie einschneidend dieser regierungspolitische Belastungsfaktor in den USA für FMC ist, und auch weiter bleiben dürfte, lässt sich dadurch herleiten, dass die Dialyseaktivitäten in den USA auch weiterhin gut 70 % zum Umsatz von FMC beisteuern.

 

Auch Fresenius Helios mit Geschäftsabschwächung

 

In der Krankenhausbetriebs-Sparte Helios, auf die im 1. Halbjahr als zweitgrößter Bereich immerhin 27 % des Konzernumsatzes entfiel, und die in diesem Zeitraum gar ein Gewinnminus von - 7 % verbuchte, machte Fresenius ebenso ein zunehmender Ausbau ihres medizinischen Versorgungsnetzwerks, gerade in Deutschland, zu schaffen. Auch in Deutschland leidet das Segment besonders kostenintensiver stationärer Krankenhausleistungen bekanntermaßen seit langem unter zunehmenden Budgetrestriktionen, dem Fresenius aktuell im Wesentlichen durch den Ausbau des Netzes margenstärkerer Spezialkliniken und von Vorsorgeeinrichtungen zu begegnen versucht.

In letzterem Segment wurde beispielsweise Anfang August das 440 qm große „Helios Prevention Center“ (HPC) neu in Berlin eröffnet. Als deutschlandweit fortschrittlichster Komplex seiner Art bietet HPC Vorsorgeuntersuchungen für alle nur denkbaren Symptomfelder an und zielt dabei natürlich mit finanzieller Regierungs-Unterstützung auf eine hierdurch bewirkte nennenswerte Absenkung von Langzeittherapiekosten ab. Auch den zunehmenden Ausbau ihres lukrativen Krankenhaus- und Kliniknetzwerks „Quironsalud“ in Spanien und seit Neustem auch in Kolumbien, das mittlerweile bereits halb so groß wie die Deutschland-Aktivitäten von Fresenius Helios ist, betrachtet Fresenius als ein wesentliches und auch von uns sehr begrüßtes Element, um den Kosten- und Budgetdruck im deutschen Krankenhauswesen auf diese Weise wirksam abzufangen. Ferner treibt Fresenius Helios aktuell ebenfalls den kostenintensiven, starken Ausbau der Plattformen „Patientenportal“ und „Ärzteportal“ zum Onlineaustausch von Patientenakten, Arztbescheinigungen, Untersuchungsergebnissen und Forschungsinhalten gegenüber Patienten und zwischen Ärzten stark voran. Mit diesen Plattformen sollen künftig nicht weniger als ca. 220 Krankenhäuser und Versorgungs- Präventionszentren von Fresenius in Deutschland ausgestattet werden.

Erfreuliche Gewinnanstiege lieferten im 1. Halbjahr bei Fresenius lediglich ihre zwei kleinsten Divisionen, „Kabi“ (Infusions-, Ernährungs- und Sauerstoff-Therapien) sowie „Vamed“ (Entwicklung und Betreuung von Krankenhauskonzepten). Bei Vamed stieg der Nettogewinn im 1. Halbjahr gegenüber Vorjahr um 73 %, bei Kabi um 17 %. Beide Einheiten trugen per 30.06. jedoch nur 24 % zum gesamten Konzernumsatz bei, und dieser Beitrag wäre künftig sogar noch weiter reduziert worden, hätte Fresenius jetzt nicht überraschend vom eigentlich geplanten Verkauf des Bereichs „Transfusionsmedizin“ aus der Division Kabi Abstand genommen.

 

Ergebnisperspektiven 3. Quartal 2019 und darüber hinaus

 

Die Ergebnisperspektiven des Fresenius SE-Gesamtkonzerns stuft die breite Analystenschaft derzeit bis Ende 2020 wesentlich moderater ein, als für die Nierendialyse-Tochter FMC.

Für den Gesamtkonzern wird im Konsens bei den nun am 29.10. vorgelegten Quartalszahlen ein Gewinn-Minus von – 2,5 % gegenüber dem Vorjahr erwartet, bei FMC hingegen ein Plus von + 6,0 %. Ähnlich das Bild für die Gesamtjahre 2019 und 2020: Dieser dürfte sich nach den Erwartungen von Experten im Gesamtjahr 2019 bei Fresenius voraussichtlich moderat abschwächen, bei FMC hingegen um rd. 1 – 2 % zulegen. In 2020 geht der Prognosekonsens schließlich von einer 7 %igen Reingewinnsteigerung bei Fresenius, hingegen einem knapp 13 %-igen Zuwachs bei FMC aus.

Die aktuellen optimistischen Analystenschätzungen gerade für FMC bis 2020 überraschen uns dabei etwas, da zumindest für das Gesamtjahr 2019 der Konzernvorstand auch weiterhin von einem anhaltenden Margendruck bei FMC ausgeht (Umsatzsteigerungs-Schätzung 2019 von 3 – 7 %, gleichzeitig jedoch nur Reingewinn-Entwicklung von - 2 % bis + 2 % gegenüber 2018). Dieser Margendruck in 2019 müsste sich also in 2020 schon in eine nennenswerte Margensteigerung umwandeln, damit die Prognose eines zweistelligen Reingewinnanstiegs von FMC in 2020 tatsächlich realisierbar wäre.

Allerdings teilen wir die offenkundig positivere Analystenhaltung zu FMC aktuell dahingehend, dass hier ein Ende des Margendrucks zeitlich eher früher erreicht sein dürfte, als in der Division Helios und somit auch im Gesamtkonzern Fresenius. Denn die margenzehrende verstärkte Umstellung von stationären Nierendialyse-Therapien auf ambulante oder gar hausgebundene Anwendungen ist seit Jahren in den USA wie Deutschland doch mittlerweile bereits in einem wesentlich fortgeschritteneren Stadium, als der immer noch kaum verminderte Budget- und Kostendruck gerade im gesamten deutschen Krankenhauswesen. Auch in diesem Bereich „Helios“ in puncto Profitabilität künftig die Kurve zu kriegen, dürfte sich für Fresenius daher weiterhin als schwieriger und zeitaufwändiger herausstellen, als dies für FMC gilt.

 

Chart:  RELATIVE OUTPERFORMANCE FRESENIUS VS. FRESENIUS MEDICAL CARE

 

Chart: Relative Stärke Fresenius vs. FMC

 

Aktienbewertung und Anlagefazit

 

Auf den obigen Ausführungen beruhend, sehen auch wir für die Tochter FMC künftig eher einen positiveren Geschäftsverlauf vorgezeichnet, als dies für den Mutterkonzern Fresenius SE gilt. Auch die generelle Überlegenheit der Nettogewinnmargen von FMC (2020e: 7,4 %) gegenüber Fresenius (2020e: 5,4 %) dürfte hierzu einen guten Teil beitragen.                    

Allerdings werden sich sowohl FMC als auch Fresenius vergleichsweise zum Gros aktuell robust wachsender internationaler Medizintechnik-Konzerne ohne Frage auch weiterhin in einem relativ problematischen und wachstumsschwachen Geschäftsterrain bewegen. Der aktuell optisch sehr hohe rd. 60 %-ige Bewertungsabschlag von FMC und Fresenius (KGVs 2020e: rd. 12 – 13) gegenüber profitabelsten Medizintechnik-Konkurrenten ist daher dennoch in weiten Teilen nachvollziehbar.

Nichtsdestotrotz kann eine Vorlage positiver Quartalszahlen am 29.10. nun durchaus für einen charttechnischen Befreiungsschlag beider Aktien sorgen. Die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines solchen positiven Szenarios stufen wir für FMC gegenwärtig als leicht höher ein, als im Falle von Fresenius. Hierdurch wird auch die in obigem Chart dargestellte, bereits seit Anfang 2017 ungebrochen anhaltende Underperformance von Fresenius gegenüber der FMC-Aktie erklärt.

Risikofreudige Anleger, die jetzt auf eine überraschend positive Zahlenvorlage am 29.10. (13.30 Uhr) spekulieren, sollten sich daher nun zwar in beiden Aktien positionieren, hierbei jedoch eher ein leichtes Übergewicht auf FMC legen. Konservative Anleger, die auch in nennenswertem Ausmaß das gleichfalls gegebene Risiko einer (erneuten) Ergebnisenttäuschung beider Konzerne in ihr Kalkül mit einbeziehen, sollten hingegen erst die Vorlage des Ergebnisses am 29.10. abwarten und dann ggfs. im Falle einer positiven Kursreaktion den Spielraum eines immer noch hohen fundamentalen Kurspotenzials nutzen. Dieses veranschlagen die Unternehmensanalysten auf 12 Monats-Sicht derzeit im Konsens auf + 32 % für FMC sowie auf + 30 % für Fresenius SE.

 

27.10.2019 - Matthias Reiner - mr@ntg24.de

 

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