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Givaudan vs. Symrise: Der (wahre) Duft der großen weiten Welt

Das Börsenduell

NTG24 - Givaudan vs. Symrise: Der (wahre) Duft der großen weiten Welt

 

Einen weiteren erheblichen Schub hat der gerade seit 2018 zunehmend angeheizte globale Konsolidierungswettlauf in der internationalen Duftstoff- und Aromabranche nun sehr aktuell am 16.12.2019 erhalten. An diesem Tag gab der momentan weltweit zweitgrößte Duft- und Aromastoffhersteller INTERNATIONAL FLAVOURS & FRAGRANCES / IFF (US4595061015) seine geplante Fusion mit der Ernährungssparte des weltführenden Spezialchemiekonzerns DUPONT DE NEMOURS (= Dupont Nutrition) bekannt. Mit einem neuen Unternehmenswert von rd. 45 Mrd. USD sowie einem Jahresumsatz von rd. 11 Mrd. USD entsteht dadurch der weltgrößte Hersteller von Duft- und Nahrungszusatzstoffen. Jedoch ist für einen direkten Vergleich zu den weiteren 3 Weltmarktführern für Aroma- und Duftstoffe, GIVAUDAN (CH0010645932), SYMRISE (DE000SYM9999) sowie der nicht börsennotierten Genfer FIRMENICH INTL. SA, Vorsicht geboten und muss hierbei genau differenziert werden.

Denn an der weltweiten Gesamtbranche der Nahrungszusatzstoffe, deren Umsatzgenerierung sich mittlerweile bereits auf rd. 300 Mrd. jährlich beläuft, hat das weltweite Volumen sowie auch bisher von IFF, Givaudan und Symrise schwerpunktmäßige betriebene Teilsegment natürlicher bzw. naturidentischer Aromastoffe bislang kaum mehr als ca. 5 – 7 % ausgemacht. Auch wenn bislang der Produktionsanteil der Sparte „Dupont Nutrition“ in der direkten Aromastoffherstellung nicht publiziert ist, so ist doch stark davon auszugehen, dass auch nach dieser „Elefantenhochzeit“ im Nahrungszusatz-Bereich GIVAUDAN (mit einem 2018er Umsatz von 5,5 Mrd. USD) von IFF (2018er Umsatz von 4,0 Mrd. USD) plus dem vermutlichen Aromastoff-Anteil von Dupont Nutrition (geschätzt max. 1 Mrd. USD) als weltgrößter spezialisierter Aroma- und Duftstoffhersteller bisher auch weiterhin nicht abgelöst wurde.

Dennoch ist nicht zu bestreiten, dass durch den jetzigen Zusammenschluss von IFF und Dupont Nutrition nun ein unliebsam größerer Konkurrent für Givaudan und Symrise vor allem dahingehend entstanden ist, als auch diese beiden Konzerne seit 2018 ebenfalls verstärkt danach trachten, ihr klassisches Aroma- und Duftstoff-Geschäft verstärkt durch einen ergänzenden Eintritt in das gleichfalls zunehmend an weltweiter Bedeutung gewinnende Nahrungsmittelergänzungs-Geschäft zu arrondieren.

Sowohl GIVAUDAN, deren Aktie Allokationsbestandteil unserer Strategiedepots AKTIEN KONSERVATIV sowie VERMÖGENSSTREUUNG ist, wie auch deren ärgster Konkurrent SYMRISE sind im Lichte der wettbewerbsrechtlich voraussichtlich in Kürze genehmigten IFF / Dupont-Nutrition-Fusion daher nun einer erneuten Bewertungsanalyse zu unterziehen, was Gegenstand des nachfolgenden „Börsenduells“ sein wird.

 

Chart: Givaudan und Symrise gegen DAX - Index

 

Chart: Givaudan + Symrise gegen DAX

 

GIVAUDAN und SYMRISE: Produktprofile und Weltmarktpositionen im Vergleich

 

Auf den ersten Blick erscheinen die produktspezifischen Geschäftsprofile beider Konzerne, wie aber sogar darüber hinaus auch des amerikanischen Wettbewerbers International Flavours & Fragrances überaus identisch.

Denn gemessen an den bei allen 3 Firmen bestehenden zwei Hauptdivisionen Duftstoffe sowie Nahrungsaroma- und Zusatzstoffe waren die jeweiligen Umsatzverteilungen auf beide Kernsparten in 2018 auch noch bei allen Konzernen nahezu deckungsgleich. So betrugen die Umsatzaufteilungen Duft / Aroma und Zusätze in 2018 bei Givaudan 46 % / 54 %, bei Symrise 42 % / 58 % sowie bei IFF 43 % / 57 %.

Bei allen drei Konzernen war also in 2018 umsatzseitig eine vordergründig sehr ähnliche, nur geringfügige Produktdominanz von Nahrungsaroma- und -zusatzstoffen gegenüber Duftstoffen zu verzeichnen, wobei letztere in allen drei Konzernen generell vor allem in Parfums und Kosmetika, Sprays, Deos und sonstigen Körperpflegeprodukten sowie Waschmittelzusätzen zur Anwendung kommen.

Der gewichtigste Unterschied im Produktprofil von Givaudan, Symrise und erst Recht künftig auch noch IIF liegt jedoch in eben dieser kritischen und langfristig zunehmend bedeutsamen Produktdifferenzierung zwischen reinen Nahrungsaromastoffen und allen übrigen Nahrungszusatzstoffen.

Denn während Givaudan sich im Nahrungsmittelbereich bislang fast ausschließlich auf die Aromastoffherstellung verlegte (und erst in 2018 mit der französisichen NATUREX für 1,3 Mrd. Euro erstmals einen auch nur natürliche Pflanzen- und Fruchtextrakte herstellenden Ökoanbau-Konzern übernahm) sind im hierzu stark erweiterten Nahrungszusatzstoffgeschäft Symrise wie auch IFF schon seit Jahren zunehmend aktiv tätig!

So lieferte dieser Bereich bei Symrise schon Ende 2018 einen Umsatzbeitrag von mehr als 20 % und wurde im Januar 2019 durch den 900 Mio. USD schweren Erwerb des Konzerns ADF/IDF, eines Spezialisten für Nahrungsmittel- und Tierfutterproteinzusätze, sogar nochmals weiter ausgebaut. Auch eine im November 2019 bekanntgegebene umfassende Forschungskooperation mit UNILEVER zur künftigen gemeinsamen Entwicklung nachhaltiger und besonders verträglicher Nahrungsergänzungsstoffe sind ein untrüglicher Beleg, dass in dieses Metier gesundheitsbewusster Ernährung Symrise jenseits reiner Aromastoffentwicklungen künftig besonders stark vorstoßen will.

Einen noch deutlicheren dementsprechenden Akzent setzt hier jedoch nun natürlich International Flavours & Fragrances / IFF mit ihrer jetzt bekanntgegebenen Übernahme der kompletten Nahrungszusatzsparte von Dupont. Denn nachdem deren Nahrungsmittelzweig bislang tatsächlich nahezu ausschließlich aus Nahrungsaromaherstellungen (Umsatz rd. 2 Mrd. USD) bestand, wird dieser Bereich über den künftigen immerhin rd. 7 Mrd. USD betragenden Umsatzanteil von Dupont Nutrition (der seinen Schwerpunkt in Protein- und Probiotik-Zusätzen für Lebensmittel hat) nun auf einen Schlag stark in Richtung von Nahrungsergänzungs- an Stelle von Nahrungsaromastoffen verschoben.

Wie ist also diese offenbar zunehmende Abwendung von Symrise und IFF von Nahrungsaromen hin zu einer kompletten Palette natürlicher Nahrungszusatzstoffe zu werten, ganz anders als dieses offenbar der Strategie von Givaudan entspricht (die hingegen im November 2019 mit der US-amerikanischen Ungerer & Co. für schätzungsweise rd. 650 Mio. USD einen weiteren reinen Duft- und Aromastoffhersteller übernahm) ?

Wir sehen die zunehmende Geschäftverlegung von Symrise sowie IFF in immer weiter Bereiche der Nahrungszusatzstoffe hinein, im Gegensatz zur deutlich konservativ-traditionelleren Strategieverfolgung von Givaudan im Segment der Aromastoffe, perspektivisch als zunehmend kritisch an.

Beleg hierfür mag auch sein, dass die gegenüber Givaudan und Symrise schon langjährig underperformende IFF-Aktie nach Fusionsbekanntgabe mit Dupont Nutrition zunächst gleich um weitere 15 % einbrach, was sicherlich nicht nur einem weiteren absehbaren Anstieg von IFF’s Nettoverschuldungsgrad nach der Fusion (künftige 7,4 Mrd. USD Fusionszahlung an Dupont), sondern auch der deutlichen Margenverwässerung von IFF durch diese Übernahme geschuldet war.

Auch der unübersehbare Volatilitätsanstieg der Symrise-Aktie gegenüber Givaudan seit 2015, also exakt mit Beginn des Aufbaus erster Nahrungszusatzstoff-Aktivitäten, geht in eine ähnlich (negative) Richtung, der nicht nur wir, sondern auch der breite Anlegermarkt offenbar relativ skeptisch gegenübersteht.

 

Bild: Gewürze

Bildnachweis: © Fotograf Stephan Valentin

 

Bewertung Nahrungsaroma- vs. breit angelegtes Nahrungszusatz-Geschäft

 

Der Hintergrund der fundamentalstrategisch kritisch einzuschätzenden Bewertung des Nahrungsaromas- vs. -Zusatzstoffgeschäfts liegt aus unserer Sicht dabei auf der Hand:

Wie oben schon angedeutet beträgt der Jahresumsatz des Nahrungszusatzgeschäfts weltweit mit rd. 300 Mrd. USD derzeit nicht weniger als rd. das 10fache des wesentlich spezialisierten Aromabereichs. Hintergrund hierfür ist natürlich vor allem die allgemeine Zeitgeisterscheinung, Nahrungsmittel durch diverseste vermeintlich gesundheitsfördernde Zusätze, vor allem auf Basis von Protein-, Probiotik-, Stärke- und Vitaminbasis noch zunehmend anreichern zu müssen, was (zumindest in einem Übermaß) von medizinischer Seite aufgrund organischer Voraussetzungen zur Verwertung solcher Zusatzstoffe medizinisch ebenfalls schon teilweise in Frage gestellt wird. In jedem Fall hat jedoch dieser zunehmend moderne Ernährungstrend für eine massive Wettbewerbszunahme in diesem Bereich geführt (z.B. im Wettlauf um die Entwicklung immer neuerer probiotischer bzw. schädlingsresistenter Bakterienkulturen), was sich langfristig in unseren Augen in diesem Bereich eher margenzehrend, denn margensteigernd auswirken dürfte.

 

Graphik: Weltmarkt-Volumen Aromastoffe und Duftstoffe 2017 - 2022

 

Graphik: Aroma und Duftstoffe 2017 - 2022 Quelle: © STATISTA 2020

 

Hingegen dürfte die in obigem Chart (Quelle: STATISTA 2020) dargestellte voraussichtliche 30-%ige Umsatzsteigerung zwischen 2017 und 2022 im Bereich der weltweiten Duft- und Aromastoffzusätze auch weiterhin von einer sehr gesunden und stabilen Margensteigerung geprägt sein, und zwar aus folgenden auf der Hand liegenden Gründen:

1)  Im Bereich der Duftstoffe liegen generell die reinen Duftessenzen-Anteile an der kompletten Produktsubstanz zur Erzeugung der gewünscht starken Duftnote in der Regel bei 2 % (z.B. bei Körperlotionen und Waschmitteln) bis max. 5 % (bei Parfümen) der Produktionskosten dieses Produkts (restliche Substanzen: ausschließlich hautverträgliche Alkoholika bzw. Chemikalien). Stets nachgewiesener, entscheidender Kaufgrund dieser Produkte ist jedoch nahezu ausschließlich deren sog. „sensorische Note“, also der instinktive Wahrnehmungseindruck dieser Duftvariationen. Hat man hierin den gängigen Markttrend getroffen - und dies natürlich auch noch mit einem generell wesentlich höheren „Kopierschutz“ von Düften sowie geheimeren Rezepturen, als dies für Nahrungszusätze aller Art gilt - so können sich hierbei schnell höchste Volumensabsätze gepaart mit zudem auch noch (duft)kostenbedingt sehr hohen Verkaufsmargen erzielen lassen. Und diese absehbaren bzw. antizipierten Verkaufsmargen derart veredelter Produkte fordern exklusive Dufthersteller, wie z.B. Givaudan, daher auch mit klingender Münze in der Regel zu einem nur wenig geschmälerten Teil für sich ein.               

2) Der Bereich der Nahrungsaromastoffe hingegen profitiert seit längerem von zweierlei eigentlich gegenläufigen Trends. Zum einen herrscht gerade in Schwellenländern, in denen Givaudan mit fast 50 % Umsatzanteil deutlich stärker tätig ist als Symrise, eine traditionell noch weit verbreitete Neigung zu stark gewürzter Ernährung vor. Dies spielt natürlich gerade dort gut vertretenen Aromastoffherstellern wie Givaudan bestens in die Karten. Zum anderen profitierte aber interessanterweise gerade auch die Aromastoffsparte immer mehr von dem Trend, dass gerade mit zunehmend verbreiteter Gesundheits- bzw. Vegetarier-/Veganerkost diese naturgemäß zunehmend „fade“ und damit nach „normalem“ menschlichen Empfinden als unakzeptabel schmeckend empfunden wird. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen beträgt daher der Bedarf an Aromastoffen, um in „Gesundheitsnahrungsmitteln“ die gleiche Aromanote herzustellen, wie in vergleichbaren „herkömmlichen“ Nahrungsmitteln, im Regelfall ca. das 3fache! Auch diese beiden vorgenannten Trends erklären also, warum es mit der Umsatz- und Margenstabilität auch im Bereich von Nahrungsaromastoffen ebenfalls bestens bestellt ist und auch bleiben dürfte.

Somit begeben sich, und dies ist offenbar der Vorbehalt nicht weniger Marktteilnehmer, gerade IFF, zunehmend aber auch SYMRISE mit ihrer verstärkten Zuwendung zum Bereich der gesamten Nahrungszusatzstoffe also aus einer stark wettbewerbsgeschützten „Komfortzone“ mit der Gefahr langfristig gefährdeter Margen heraus, die sie in Ihrer aktuellen Weltmarktführerschaft im Bereich der Duft- und Aromastoffe jedoch weiterhin besitzen.

Denn weltweit vereinigten allein die „Big 4“ GIVAUDAN (25 %), IFF (18%), FIRMENICH (15 %) und SYMRISE (12 %) an der gesamten Duft- und Aromastoff-Branche einen schon fast oligopolistischen Weltmarktumsatzanteil von nicht weniger als 70 % auf sich, an dessen unbedingter Positionsbehauptung derzeit jedoch offenbar vor allem die beiden Schweizer Vertreter Givaudan und Firmenich rigoros festhalten.

 

FAZIT:  Givaudan und Symrise im Bewertungsvergleich

 

Basierend auf den obigen Ausführungen steht für uns außer Frage, dass - wie dies auch offenbar die breite Marktteilnehmerschaft nachvollzieht - alle 3 Aktien IFF, Givaudan und Symrise bereits seit mehreren Jahren nicht mehr auf Basis ihrer kurzfristigen Ertrags-, Margen- und Bilanzkonstellationen bewertet und gehandelt werden, sondern aufgrund zunehmend divergierender Geschäftsmodelle (gerade im relativ wettbewerbsintensivsten breiten Bereich der Nahrungszusatzstoffe) korrekturweise mehr und mehr nach ihren langfristig verfolgten Geschäftsstrategien beurteilt werden. Hier sehen wir unter diesen 3 Aktien aufgrund ihrer traditionellsten und konsequentesten Fokussierung auf den Bereich der Duft- und Aromastoffe auch weiterhin das stabilste Umsatz- und Margenwachstum bei GIVAUDAN vorgezeichnet, die daher ihren Outperformancetrend bei gleichzeitig auch niedrigster Aktienkursvolatilität weiterhin beibehalten dürfte.

Gleichwohl räumen wir ein, dass mit einem geschätzten KGV (2020) von rd. 34 bei einem für 2020 zu erwartenden Nettogewinnwachstum von 15 % sowie einer operativen Gewinnmarge von rd. 16 % die langfristig hohe Geschäfts- und Gewinnwachstumstransparenz von Givaudan bereits sehr gut bezahlt ist. Die weitere Erfüllung dieser Erwartungen und entsprechende Aktientrendfortsetzung ist daher bei Givaudan sehr genau im Auge zu behalten. An dem Positionsbestand der Aktie in unseren Strategiedepots AKTIEN KONSERVATIV und VERMÖGENSSTREUUNG halten wir zunächst weiterhin fest.

Hingegen halten wir den ca. 4%-igen KGV-Bewertungsaufschlag von SYMRISE gegenüber GIVAUDAN aus oben genannten strategischen Erwägungen derzeit trotz höherer Gewinnwachstumsperspektive für 2020 (+ 20 %) kaum für angemessen. Im aktuellen Bewertungs- und Volatilitätsumfeld stellt die Aktie daher in Abgrenzung zu GIVAUDAN, die auch weiter unsere erste Wahl bleibt, derzeit allenfalls einen Beobachtungswert für eine mögliche künftige Aufnahme in unser Strategiedepot AKTIEN SPEKULATIV dar.

 

 

05.01.2020 - Matthias Reiner - mr@ntg24.de

 

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