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Indische Rupie zwischen Baum und Borke

Indische Rupie - Ruhe vor dem Sturm?

NTG24 - Indische Rupie zwischen Baum und Borke

 

Wir waren bereits gestern auf die Auswirkungen einer deutlichen Wachstumsabschwächung in China auf die Entwicklung des Außenwertes des japanischen Yen eingegangen. Eine weitere große Volkswirtschaft, die in bedeutendem Umfang von einer Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft betroffen wäre, ist jene Indiens und damit auch die indische Rupie.

Dabei geht es allerdings nicht nur um globale Wertschöpfungsketten, die durch eine in China unterbrochene Bearbeitung zum (vorläufigen) Stillstand kommt. Für die Preisentwicklung chinesischer Güter in der Binnenwirtschaft Indiens spielt die Substitutionsmöglichkeit eine bedeutende Rolle, um einer extremen Verteuerung auszuweichen.

Produktionsausfälle in China reichen inzwischen von Mobilfunkgeräten bis zu Medikamenten. Und gerade hier wird die hohe Abhängigkeit von einem Lieferland im doppelten Sinne schmerzlich spürbar. So sprang der Preis für das Schmerzmittel Paracetamol in Indien nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg um 40 % nach oben. Die Kosten für Azithromycin stiegen parallel um 70 %. Azithromycin findet Anwendung bei Infektionen der Atemwege einschließlich Lungenentzündungen, chronischer Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündungen, Entzündungen im Rachenbereich und bei Mandelentzündungen.

 

Indien

Bildnachweis: © Deutsche Lufthansa AG

 

Indien wird seine Importabhängigkeit von China damit deutlich vor Augen geführt. Damit hängt die Preisentwicklung wichtiger Importpreise in Indien vom Erfolg der chinesischen Politik in der Pandemiebekämpfung ab. Dies gilt dabei nicht nur für Endprodukte wie Smartphones oder Medikamente, sondern auch für Vorprodukte und Komponenten.

Dabei ist Indien selbst einer der weltgrößten Hersteller von Generika. 80 % seiner aktiven pharmazeutischen Wirkstoffe (API) beziehen indische Unternehmen dabei aus China! Damit aber bremsen die fehlenden chinesischen Importe auch die Aufrechterhaltung indischen Produktion. Nach einem Lagerabbau könnte es bereits ab Anfang März zu teilweisen Produktionsunterbrechungen in Indien und damit zu einer Verlangsamung der Güterproduktion kommen.  

Sollte sich dieses Szenario erhärten, träfe es auf ein ohnehin geschwächte indische Volkswirtschaft. Gerade erst hat die Ratingagentur Moody’s die Wachstumsprognose für Indien von 6,6 % auf 5,4 % gesenkt. Ein Schlüssel zur Stärkung der wirtschaftlichen Dynamik wäre danach die Wiederbelebung der Binnennachfrage sowie die Wiederaufnahme des Kreditwachstums in der Wirtschaft. Denn wie die Erhebungen der indischen Zentralbank zeigen, hat sich der Kreditimpuls in der Wirtschaft im Laufe des letzten Jahres aufgrund des Austrocknens der Kreditvergabe von Nicht-Bank-Finanzinstituten und Banken verschlechtert. Die Verschlechterung des Kreditwachstums für den kommerziellen Sektor ist besonders stark ausgeprägt.

Ein Preisanstieg käme deshalb für Indiens Wirtschaft zur Unzeit.

Ein Blick auf die Entwicklung der indischen Rupie gegenüber dem US-Dollar zeigt, dass sich Erstere seit den von der Regierung Modi angekündigte aktiveren Konjunkturpolitik seitwärts bewegt hat.

Allerdings: Die indische Regierung hat am 01.02.2020 ihren Haushaltsentwurf für das kommende Fiskaljahr vorgestellt, das am 1. April beginnt. Danach soll das Defizit bei 3,5 % des BIP liegen. Im laufenden Fiskaljahr werde ein Defizit des Zentralstaates von 3,8 % des  BIP erwartet. Die Regierung will den Haushalt konsolidieren und gleichzeitig die schwächelnde Wirtschaft anzuschieben. Maßnahmen zur Stimulierung der Kreditvergabe der Banken fehlen jedoch.

 

Rupie mittelfristig

 

Hinzu kommt: Die indische Geldpolitik hält sich derzeit noch alle Optionen offen. Die Zentralbank hat den Leitzins auf ihrer Februarsitzung unverändert bei 5,15 % gelassen. Jedoch wurde überraschend angekündigt, den Banken ab dem 15. Februar Langfristtender über ein Jahr und drei Jahre zur Verfügung zu stellen. Diese können sich den aktuellen Zins damit für einen längeren Zeitraum sichern. Im Ergebnis fielen die Renditen kurzlaufender Anleihen. Damit hat die Zentralbank die Geldpolitik gelockert, ohne die Leitzinsen zu senken.

In der Summe erhöht sich das Risiko einer Entwicklung, bei der steigende Importpreise das Inflationsniveau nach oben drücken, die Notenbank aber den Geldmarktzins senken will. Gleichzeitig sinkt die Wachstumsdynamik der Realwirtschaft, und die wesentlichen Hinderungsgründe wie blockierte Kreditvergabe des Bankensektors wird nicht hinreichend behoben. Die Effekte einer Abwertung des chinesischen Yuan und den damit einhergehenden Deflationsimpuls auf die Wirtschaft Indiens ist hierbei noch gar nicht berücksichtigt.

In Verbindung mit einer anhaltenden Stärke des US-Dollars ist die Wahrscheinlichkeit gewachsen, dass die indische Rupie gegen den US-Dollar nach oben aus dem in Chart 1 sichtbaren Konsolidierungskeil ausbricht. Ein schneller Anstieg bis zum Allzeittief vom Oktober 2018 bei 74,53 Rupien je Dollar ist danach wahrscheinlich.

 

Rupie langfristig

 

Ein Blick auf Chart 2 zeigt zudem, dass dies der Auftakt zu einer weiteren Abwertungswelle innerhalb eines langfristigen Abwertungstrends der Rupie sein könnte. Denn der langfristige Aufwärtstrend des Dollar ist ungebrochen.

 

Fazit

 

Die indische Rupie steckt zwischen Baum und Borke. Die Turbulenzen, die sich aus der außenwirtschaftlichen Verflechtung spiegeln sich dabei zunehmend sowohl im Preisniveau der Importpreise als auch in einer Schwächung des Outputs. Eine nachhaltige Stärkung des Bankensektors und damit eine Stimulation der Kreditvergabe ist derzeit weiter nicht in Sicht. Die derzeit sinkenden Zinsen sind allerdings nicht in Stein gemeißelt. Eine Abschwächung der Rupie könnte zu einem verstärkten Kapitalabfluss und damit zu steigenden langfristigen Zinsen führen. Wir empfehlen deshalb, die weitere Entwicklung der indischen Rupie im Kontext zunehmender volkswirtschaftlicher Risiken genau zu beobachten und gegebenenfalls abzusichern.

 

18.02.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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