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BÖRSE TO GO - 10. Juli 2019

Berichtssaison: Überzieht der Markt in seinen negativen Erwartungen?

 

Guten Morgen,

die Börsen gehen mit einer ordentlichen Portion Skepsis, Sorge und einem Kater in die Berichtssaison. Und das sind Vorrausetzungen, die besser nicht sein könnten. Schon vor einigen Wochen schrieben wir, dass „climbing the fall of fear“ ein gutes psychologisches Fundament darstellt, um der anstehenden Zahlenflut zu begegnen. Der Grund ist einfach: Es erlaubt sehr viel Spielraum für positive Überraschungen. Nicht zu vergessen ist gleichfalls: Es sind nicht die Zahlen für das 2. Quartal, welche für die weitere Tendenz von Bedeutung sind, sondern die Ausblicke, welche die Unternehmenslenker darstellen werden. Und das steht sozusagen „zwischen den Zeilen“ und nicht in den Bilanzen. Börsen sind Antizipationsmechanismen, also werden die Kurse jetzt versuchen, das einzupreisen, was erst zu Weihnachten Realität wird.

Die letzten Wochen haben zudem eindrucksvoll gezeigt: Stimmungen drehen wie das berühmte Fähnchen im Wind. Oder anders ausgedrückt: Sollten verhalten zum Ausdruck gebrachte Ausblicke für Enttäuschungskurse (Kursabschläge) sorgen, so sehen wir darin unverändert eine Chance und kein Risiko.

 

Warum sehen wir der unmittelbaren Zukunft so gelassen entgegen?

 

Aus einem einfachen Grund: Während die klassischen Schwergewichte immer mehr ihre strukturellen Schwächen offenlegen müssen (BASF, DT. BANK, etc.) und dies auf die Wahrnehmung und auf die Stimmung drückt, entgeht vielen Marktteilnehmern, dass die überwiegende Mehrheit der Unternehmen mit der anstrengenden geopolitischen Lage gut umgehen kann. Die Welt besteht nicht nur aus deutschen Banken, Automobilherstellern, deren Umfeld oder BASF & Co. Aus diesem Grund ist es auch besonders wichtig, sich in den kommenden Wochen gerade von möglichen Enttäuschungen bei den Schwergewichten nicht aus der Bahn werfen zu lassen. Konkret:

Die Erwartungen sind äusserst gedämpft! Gegen Ende des zweiten Quartals haben 113 S&P-500-Unternehmen bereits vor Beginn der Berichtssaison eine Vorankündigung abgegeben. Von diesen 113 Unternehmen haben 87 negative und 26 Unternehmen positive Gewinnprognosen abgegeben. Die Anzahl der Unternehmen, die im zweiten Quartal einen negativen Ausblick abgegeben haben, liegt damit auch über dem 5-Jahres-Durchschnitt von 74. Seit 2006 ist dies die zweithöchste Anzahl von S&P 500-Unternehmen, die eine negative Prognose für das zurückliegende Quartal abgaben. Ferner:

Für das zweite Halbjahr 2019 erwartet die überwiegende Mehrheit der Analysten einen weiteren Ergebnisrückgang im dritten Quartal, gefolgt von einem Gewinnwachstum im mittleren einstelligen Bereich im vierten Quartal. Aber: Das erwartete KGV für die nächsten 12 Monate beträgt bereits jetzt attraktive 16,6 und damit nur knapp unter dem langfristigen Durchschnitt von 22 im S&P 500. In anderen Worten: Reagieren die Kurse auf negative Überraschungen mit Abschlägen, würde die Bewertung nochmals günstiger.

 

Unternehmen: Neue charttechnische Weichenstellungen?

 

Einen Lichtblick lieferte zur Wochenmitte der Ethanol-Produzent CROPENERGIES. Die Tochtergesellschaft von SÜDZUCKER meldete für ihr erstes Quartal eine Umsatzsteigerung zum Vorjahr um knapp 6 % auf 203 Millionen Euro. Bemerkenswerter war der Anstieg im operativen Ergebnis. Hier erreichte CROPENERGIES dank einer deutlichen Erholung bei den Ethanolpreisen einen Wert von 15,2 Millionen Euro nach nur 4,6 Millionen Euro im Vorjahr.

Interessant dürfte werden, wie stark  sich daraus Impulse für die Aktie ergeben. Denn die Zahlen waren im Grossen und Ganzen schon im Markt bekannt. Das galt auch für den leicht besseren Ausblick. So hatte CROPENERGIES Mitte Juni seine Erwartung für das laufende Geschäftsjahr beim Umsatz auf eine Spanne von 820-900 Millionen Euro (von zuvor erwartet 800-900 Millionen Euro) angepasst. Auch beim operativen Ergebnis wurde der untere Rahmen von 20 auf 30 Millionen Euro angehoben. Der obere Rand liegt unverändert bei 70 Millionen Euro. 

In den vergangenen Monaten hatte sich die Aktie wieder auf das Niveau von rund 6 Euro und damit auf einer Widerstandszone seit Ende 2015 heranarbeiten können. Mit den neuen Zahlen im Gepäck könnte nun ein Ausbruch nach oben gelingen. Was auch interessant wäre für unsere bestehende Position im Zürcher Trend, die inzwischen wieder in die Gewinnzone gekommen ist. Bevor wir hier allerdings nun neue Käufe empfehlen, warten wir erst einmal die Marktreaktion ab.

In diesem Zusammenhang auch der Seitenblick zu SÜDZUCKER, der Muttergesellschaft. Diese wird morgen erst Ergebnisse präsentieren, profitiert allerdings natürlich von der Steilvorlage. Auch hier kündigt sich eine deutliche Verbesserung der Charttechnik an, nachdem die Aktie vor wenigen Tagen den Ausbruch über die Widerstandslinie bei rund 14,45 Euro schaffte. Auch hier gilt: Erst einmal die Zahlen abwarten, dann womöglich neu disponieren.

 

Neue Chance für LEONI?

 

Und noch ein Wert aus unserer ZT-Dispositionsliste macht neue Schlagzeilen. Dabei ist LEONI eines unserer grossen Sorgenkinder, nachdem die Aktie seit mittlerweile anderthalb Jahren im Krisenmodus läuft. Die Erwartung, dass eine Reorganisation die Ergebnisse stabilisiert, hat sich bislang nicht erfüllt. Die Verluste im ersten Quartal hatten der Aktie vorläufig den Rest gegeben. So steht die Frage im Raum, ob die neuen Entwicklungen hier möglicherweise mindestens die aktuelle Stabilisierung des Aktienkurses unterstützen können.

Denn LEONI hat angekündigt, sich von seinem Geschäft mit Kabeln und Verbindungslösungen (WCS) zu trennen. Dabei liegen derzeit alle Optionen offen Tisch vom Börsengang bis zum Komplettverkauf. Mit den dadurch generierten Geldern will man sich ausschliesslich nur noch auf  den zuletzt defizitären Bereich Bordnetze (WSD) konzentrieren. Eine mehr als schwierige Mission, die in der Perspektive allerdings durchaus funktionieren kann. Wir werden das weiter beobachten. Aktuell kommt aufgrund der hohen Verluste sowieso kein Verkauf mehr infrage.

 

10.07.2019 - Carsten Müller - cm@ntg24.de


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