als .pdf Datei herunterladen

Öl-Kartell in Nöten

Wie reagiert Russland auf die Position Saudi-Arabiens?

NTG24 - Öl-Kartell in Nöten

 

Heute teilte Saudi-Arabien mit, dass es bislang keinen Kontakt zwischen den Energieministern des Scheichtums am Gold und Russlands gegeben habe bezüglich der Frage, ob neue Mitglieder in die OPEC+ aufgenommen werden sollten. Ebenso wurden Diskussionen verneint, die auf ein gemeinsames Vorgehen Russlands und Saudi-Arabiens auf dem Weltölmarkt abzielen.

Damit reagierte Saudi-Arabien auf eine Aussage des stellvertretenden russischen Ölministers Pavel Sorokin, dass die OPEC+ alleine das Gleichgewicht am Ölmarkt nicht wiederherstellen könne. Er sagte auch, dass man in Kontakt mit Saudi-Arabien und einer Zahl weiterer Länder stehe, um über die Möglichkeit zu sprechen, die Anzahl der Teilnehmerstaaten an OPEC+ zu erhöhen. Denn wenn es ein globales Problem sei, so Sorokin, dann sollten auch viele andere Staaten an der Herstellung des Gleichgewichts daran teilnehmen.

Damit scheint es, als ob der Ölpreiskampf zwischen Saudi-Arabien und Russland unvermindert anhält. Denn je größer die Zahl der Länder ist, die Russland zur Bedingung für einen eigenen Beitrag zur Fördersenkung macht, umso unwahrscheinlicher wird eine kurzfristige Einigung. Die Verhandlungen zum GATT oder auch zum weltweiten Klimaschutz sind hier ein warnendes Beispiel.

 

Kollateralschäden überall

 

Derweil leiden andere Länder deutlich stärker und mahnen eine höhere Kooperationsbereitschaft an. So forderten Algerien und der Irak die OECD auf, Notfallverhandlungen zu starten, um die Ölflut und damit die Angebotsschwemme am Ölmarkt zu verringern. Und auch Nigeria sieht sich bezüglich des Ölpreises am Ende seiner Leidensfähigkeit.

Derweil beabsichtigt Saudi-Arabien, das eigene Angebot auf 12 Mio. Barrel Öl täglich auszuweiten. Bisher liegt die Menge bei 9,7 Mio. Barrel.

Der Ölpreis ist damit der Spiegel zerfallener Kooperationsbereitschaft, aber auch einer überwölbenden einseitigen Abhängigkeit der Volkswirtschaften von den Öleinnahmen. Dies gilt sowohl für die beiden großen Förderländer Russland und Saudi-Arabien, aber auch für viele kleinere Staaten.

Betroffen dürften aber auch jene US-Unternehmen sein, die unkonventionelles Schieferöl fördern. Ihre Verschuldung ist oftmals exorbitant und ihr Break-even liegt deutlich über dem aktuellen Ölpreis.

 

WTI kurzfristig

 

Ein Blick auf die Reaktion der US-Ölsorte Western Texas Intermediate (WTI) zeigt, dass der Preis kurz vor dem Durchbruch unter das Tief vom 18.03.2020 steht und direkt ein Test der Marke von 20 Dollar anstehen könnte.

Ein langfristiger Chart zeigt, dass die Unterstützung aus dem Jahr 2001 bei 17,12 Dollar liegt. Die Stärke der bisherigen Abwärtsbewegung im März zeigt, dass ein Bruch dieser wichtigen Unterstützung direkt zu einem Test der Unterstützung aus dem Jahr 1999 bei 10,65 Dollar führen könnte. Auf diesem Niveau dürften die meisten Schieferöl-Förderer der USA vor dem Aus stehen.

 

WTI long term

 

Fazit

 

Derzeit ist keine Einigung zwischen der OPEC und Russland über eine notwendige substanzielle Förderkürzung erkennbar. Sollte Russland auf dem Junktim einer deutlichen Erhöhung der Teilnehmerländer einer OPEC+ bestehen, dürfte sich eine Einigung derzeit in weite Ferne verschieben. Der Ölpreis könnte im Zuge dieser Entwicklung bis auf 10 Dollar fallen.

 

27.03.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

Auf Twitter teilen     Auf Facebook teilen





Ihre Bewertung, Kommentar oder Frage an den Redakteur


Bitte geben Sie die Anzahl der unten gezeigten Eurozeichen in das Feld ein.
>

 



Bewertungen, Kommentare und Fragen an den Redakteur

 

  • Arndt Kümpel - 02.04.2020 10:12:09 Uhr

    Lieber Herr Weiss, es stimmt, Öl selber kann nicht insolvent werden. Und Staaten, die die Ölförderung und damit das Insolventrisiko verstaatlicht haben, nur relativ schwer. Aber überschuldete Ölunternehmen, die ihre Schulden nicht mehr ,,rollen'' also refinanzieren können, schon. In der aktuellen Lage ist eine wesentliche Motivation, v.a. Russlands, die Pleite von Produzenten zu beschleunigen, deren Marktanteile man haben will. Nach dem rasanten Ausbau der Oilshale-Kapazitäten in den USA kam es zu einer deutlichen Abnahme der Marktmacht Russlands, aber auch der OPEC. Dies ist sozusagen der Gegenangriff. Wie der Ölmarkt in 1 Jahr aussieht, hängt auch von der Überlebensfähigkeit der Frackingunternehmen in den USA ab. Wenn US-Präsident Trump diese stützt, kann das Überangebot noch steigen. Das ist dann keine Frage der Kosten mehr, sondern der ,,nationalen Sicherheit''. Generell ist der Ölmarkt ein sehr strategischer Markt, wo der Marktpreis kurzfristig auch im strategischen Interessenmix auch nach hinten gedrängt werden kann. Die Reaktion Saudi-Arabiens auf die russische Entscheidung zeigt dies.

    Sollte der Preiskampf nicht beigelegt werden, könnte der Ölpreis noch schwach bleiben und auf die im Artikel genannten Niveaus fallen. Wenn man sich hinter den Kulissen einigt, ist das Porzellan der OPEC+ zwar auch zerschlagen. Aber das will nicht viel heißen in einem ,,strategischen Spiel''. Der kostendeckende Gleichgewichtspreis, den Sie ansprechen, hängt auch von den Kosten ab, diese wiederum von Subventionen, Lohnkosten etc. Aktuell befindet sich die Welt gerade in einem Deflationschock. Fallen dabei die Preise, kann der Gleichgewichtspreis auch dauerhaft niedriger sein. Da wir aber alle die finalen Auswirkungen der Pandemie noch nicht kennen, würde ich zunächst diese Auswirkungen abwarten. Der Schlüssel liegt m.E. in einem neuen Deal zwischen Saudi-Arabien und Russland. Passiert dies, könnten wir 50 Dollar auch eher wieder sehen. Bis dahin erwarte ich einen unsteten Ölpreis, der auf den Nachfragerückgang weltweit reagiert.

    Beste Grüße
    Arndt Kümpel


  • Kristian Weiss - 31.03.2020 13:12:07 Uhr

    Hallo Herr Kümpel, vielen Dank für die gute Analyse. Für mich stellt sich die Frage des Ölpreises auf Sicht von ca. 1 Jahr. Insolvent kann der Rohstoff "Öl" nicht werden. Die Preisspanne bei ca. 20 US $ / B. kann sich aus meiner Sicht nicht lange halten, da meines Wissens die Förderkosten deutlich höher liegen. Ja das Angebot übersteigt die Nachfrage, doch mittelfristig sollte sich wieder ein kostendeckender Gleichgewichtspreis einstellen, der nach meiner Einschätzung um ca. 40 - 50 US $ liegen sollte. Gruß K. Weiß


 

Haftungsausschluss - Die EMH News AG übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit der Empfehlungen sowie für Produktbeschreibungen, Preisangaben, Druckfehler und technische Änderungen. (Ausführlicher Disclaimer)