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Türkische Lira vor Ende der Bodenbildung?

Türkei - niedrigere Inflation mit niedrigeren Zinsen?

NTG24 - Türkische Lira vor Ende der Bodenbildung?

 

Eigentlich ist der Gedanke klar: Wird ein Investor unter sonst gleichen Bedingungen nicht für eine Geldentwertung entschädigt, sinkt seine Bereitschaft, diese Währung zu halten. Besitzt er diese schon, steigt seine Bereitschaft, den Wert, den diese Geldsumme darstellt, in einer anderen Währung zu halten.

In der Türkei hat Präsident Erdogan seine Politik, die Notenbank zu weiteren Zinssenkungen zu zwingen, zuletzt dadurch erreicht, dass er im Sommer 2019 den damaligen Notenbankchef Cetinkaya zum Rücktritt zwang, da sich dieser gegen zu starke Zinssenkungen aussprach. Denn anders als die meisten Investoren und Notenbanken ist der türkische Präsident der Ansicht, dass niedrige Zinsen gut für die eine niedrige Inflationsrate sind.  

Seither wurden die Leitzinsen deutlich gesenkt. Allerdings: Wenn die Inflationsrate nicht im selben Tempo sinkt wie die Zinsen, sinkt auch der Realzinssatz weiter. Die türkische Inflationsrate betrug für Januar 2020 12,15 %, der Leitzins lag jedoch bei 11,25 %. Der Trend spricht einstweilen für eine steigende Inflationsrate, denn ein schwächerer Außenwert der Lira erhöht den Effekt importierter Inflation und damit die inländische Inflationsrate. Im Oktober 2019 lag die türkische Inflation noch bei 8,55 %, legte im November 2019 auf 10,56 % und im Dezember 2019 auf 11,84 % zu.

Sollte die türkische Notenbank nun den Leitzins weiter senken, ohne, dass die Inflation weiter zurückgeht, ergibt sich ein immer negativerer Realzins. Dies wird die türkische Lira belasten.

Der Trend der Inflation und eine wachsende Geldmenge könnten die Lira dann erneut unter Druck bringen, insbesondere dann, wenn die Leitzinsen auf politischen Druck hin noch weiter gesenkt werden. Und auch die Inflationsprognose der türkischen Notenbank liegt mit 8,2 % für 2020 unter dem aktuellen Leitzins, womit der argumentative Boden für weitere Zinssenkungen bereitet wird.

Aber das eine ist, das die türkische Notenbank sagt, und das, was der Markt entscheidet, das andere. Die Geschichtsbücher sind hier ziemlich einig: Der Trend, mit zu niedrigen Zinsen technisch mehr (Schuld-) Geld zu schaffen, führt zu dessen Wertverlust. Und ohne Zinskompensation fließen die Kapitalströme per Saldo aus der Lira ab.

 

Türkische Lira

 

Der Kursverlauf der türkischen Lira gegen den US-Dollar zeigt  die starke Abwertung ab Mitte 2018, die nicht zuletzt durch die Drohungen aus dem Weißen Haus im Zuge der türkischen Syrienpolitik ausgelöst wurde. Seither konsolidierte die Lira auf hohem Niveau und bildete immer höher liegende, kürzere Plateaus. Inzwischen steht sie auf Wochencandle-Basis vor dem charttechnisch bedeutenden Widerstand von 6,10 Lira je Dollar. Ein Bruch dieser Marke würde eine schnelle Abwertung bis in den Bereich von 6,57 erwarten lassen, und auch ein neues Allzeittief (rote, gestrichelte Linie) ist dann in Sichtweite.

 

Fazit

 

Die türkische Geldpolitik kann aktuell bestenfalls als ,,unkonventionell‘‘ bezeichnet werden. Das Risiko, dass die türkische Lira dadurch erneut stark abwertet, steigt dabei stetig an. Dass dies von einer Ausweitung des militärischen Einflusses der Türkei in Libyen, in Syrien und auf Zypern begleitet wird, ist dabei mehr als eine Fußnote. Denn die niedrigeren Zinsen schaffen auch mehr Spielraum für eine höhere Staatsverschuldung der Türkei. Kurz: Die türkische ,,Geld‘‘-Kartoffel wird heißer.

 

14.02.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

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