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Wirecard: Warum ist gut nicht gut genug?

Warum liefert der Halbjahresbericht nicht den nötigen Impuls?

 

Kaum ein Geschäftsbericht am deutschen Markt in der laufenden Berichtssaison wurde so gespannt erwartet wie der vom Zahlungsdienstleister WIRECARD. Die Hintergründe kennen Sie: Den immer noch latent wirkenden Vorwürfen von Geschäftsmanipulationen standen in den vergangenen Monaten immer wieder aufs Neue positive Meldungen zu neuen Kooperationen und Kunden sowie starke Wachstumszahlen gegenüber.

Was dazu führte, dass im Vorfeld des Halbjahresberichtes die Erwartungen zunahmen, dass WIRECARD erneut seine Prognosen für das Gesamtjahr anheben würde. Schon nach den Ergebnissen des ersten Quartals hatte das Unternehmen im Mai seine Jahresprognose angehoben, doch angesichts der immer noch sehr hohen Bewertung der Aktie wollte der Markt mehr. Und WIRECARD konnte auch liefern.

 

Kräftiges Quartalswachstum

 

Für das zweite Quartal meldete der Konzern ein Umsatzplus von 37,4 % auf 643 Millionen Euro. Damit konnte man die Wachstumsrate aus dem ersten Quartal mit 34,8 % nochmals toppen. Allerdings konnte das operative Ergebnis (EBITDA) hier nicht Schritt halten. So erhöhte sich zwar der operative Gewinn um 35,57 % auf 184,1 Millionen Euro. Im Vorquartal betrug allerdings das Wachstum 40,7 %. Außerdem fiel die EBITDA-Marge auf 28,63 %. Unter dem Strich verdiente WIRECARD 131,4 Millionen Euro, mehr als doppelt soviel im Vergleich zum Vorjahr.

 

Wirecard

Bildnachweis: © Wirecard

 

Interessant wurde es beim Blick auf das gesamte erste Halbjahr. Im größten Geschäftsbereich Payment Processing & Risk Management erreichte der Konzern in den ersten sechs Monaten ein Wachstum von rund 46,5 % auf gut 915 Millionen Euro. Das Sparten-EBITDA wurde um 39,4 % auf 290,4 Millionen Euro gesteigert. In der Sparte Aqcuiring & Issuing wurde ein Umsatzplus von knapp 12,7 %  auf 333,1 Millionen Euro erreicht mit einem EBITDA von 51,9 Millionen Euro, ein Plus zum Vorjahreszeitraum von 18,5 %. Die dritte Sparte Call Center & Communications konnte ihren Umsatz mit 4,6 Millionen Euro stabil halten.

 

Asien bleibt wichtigster Markt

 

Hinsichtlich der regionalen Umsatzverteilung blieb Asien-Pazifik mit 609,4 Millionen Euro, was einem Zuwachs von über 75 % entsprach, der wichtigste Einzelmarkt. Europa brachte es auf ein Wachstum von rund 27,4 % und der Bereich Amerika-Afrika konnte nur ein Mini-Plus auf 91,4 Millionen Euro verzeichnen. Letzteres dürfte wohl auch ein Grund dafür gewesen sein, warum die Aktie heute erst einmal recht zurückhaltend auf die neuen Ergebnisse reagierte.

 

WIRECARD erhöht Prognose

 

Einer weiterer Aspekt: WIRECARD hat erwartungsgemäß seinen Ausblick für das Geschäftsjahr angehoben. Nun wird auf Konzernebene ein EBITDA von 765-815 Millionen Euro erwartet. Die bisherige Prognose aus dem Mai lag bei 760-810 Millionen Euro. 

Warum ist das nun ein Grund, dass die Aktie abgeben musste? Die Analysten hatten im Vorfeld des Berichtes in ihren Erwartungen schon auf die Mittelwerte der neuen Prognosespanne spekuliert. Somit lieferte die Anhebung entsprechend keine positive Überraschung und das wird an der Börse nun mal eben als Malus angesehen. Dennoch:

Schaut man sich an, was WIRECARD neben dem Zahlenwerk auch in den letzten Tagen und Wochen an neuen Perspektiven abgeliefert hat, bleibt unter dem Strich ein positiver Gesamteindruck übrig. So konnte man bekanntlich vor einiger Zeit eine neue Kooperation mit den beiden Einzelhandelsunternehmen ALDI SÜD und ALDI NORD abschließen. Außerdem wären da noch die Allianz mit dem japanischen Technologiekonzern SOFTBANK sowie eine neue Kooperation mit dem Buchungsportal LASTMINUTE.COM. Was voraussichtlich noch überhaupt nicht eingepreist ist, ist die neue Bezahl-App des Versicherungskonzerns ALLIANZ, an deren Erstellung WIRECARD neben VISA beteiligt war. Hier dürften zukünftig sicherlich auch signifikante Transaktionsvolumen anfallen.

 

Das nimmt sich WIRECARD noch vor

 

Apropos Transaktionsvolumen: Dieses erhöhte sich im ersten Halbjahr um 37,5 %  auf gut 77 Milliarden Euro. Im Rahmen seines Wachstumsprogramms „Vision 2020“ will WIRECARD sein Transaktionsvolumen auf über 230 Milliarden. Euro steigern. Rechnet man die Halbjahreswerte hoch, geht WIRECARD also weiterhin von einer Beschleunigung der Zuwächse aus. Ein starkes Argument auch für die Aktienbewertung.

Unter dem Strich bleibt das Fazit des Halbjahresberichtes: WIRECARD konnte starke Wachstumsraten abliefern, zeigt allerdings insbesondere bei der regionalen Diversifizierung noch Nachholbedarf. Außerdem hatten wie gesagt die Analysten bei der angehobenen Prognose auf etwas mehr gehofft. Dennoch dürfte für die Aktie selbst diesbezüglich Entwarnung gegeben werden.

 

Wie kann es mit der Aktie weitergehen?

 

Das Problem dabei: Der Halbjahresbericht wäre eine gute Chance gewesen, dass die Aktie aus ihrem seit Juni bestehenden Seitwärtstrend ausbrechen könnte. Hier muss man sicherlich als Pluspunkt verbuchen, dass die WIRECARD -Aktie die jüngsten Turbulenzen nicht wesentlich mitgemacht hat. Aber dass der Halbjahresbericht nun nicht den entscheidenden Impuls für einen Ausbruch nach oben gibt, lässt natürlich auch ein gewisses Risiko zurück, dass es nun doch noch mal Gewinnmitnahmen geben könnte aus enttäuschten Hoffnungen bzgl. des ausgefallenen Ausbruchs. Insofern würden wir dazu raten, bestehende Positionen vorerst nur zu halten. 

Für weitere Aufstockungen würden wir eine Staffelung empfehlen. Die entsprechenden Niveaus wären aus unserer Sicht 157 Euro, 163 Euro und 170 Euro.

 

Kursverlauf Wirecard

 

07.08.2019 - Carsten Müller - cm@ntg24.de

 


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Bewertungen, Kommentare und Fragen an den Redakteur

 

  • Carsten Müller - 07.08.2019 20:45:31 Uhr

    Hallo Herr Krüger, erstmal herzlichen Dank für das Lob. Hinsichtlich der (gemeldeten) Shortseller ist mein Kenntnisstand, dass sich diese Positionen derzeit nur auf 1,31% der ausstehenden Aktien von insgesamt 2 Akteuren summieren. Also derzeit absolut vernachlässigbar. Allerdings wissen wir aus den vergangenen Jahren, dass die Meute schnell wieder da sein würde, wenn sich Wirecard eine neue Blösse erlaubt. Auch wenn ich das aktuelle Vorgehen gegen die FT für richtig finde, so liegt es doch vor allem auch an Wirecard selbst, durch eine entsprechend transparente Kommunikation solche Situationen zukünftig selbst zu vermeiden. Viel Erfolg bei Ihren Investments. C. Müller


  • Ulrich Krüger - 07.08.2019 17:29:42 Uhr

    Hallo Herr Müller,

    bin ganz und gar von Ihrer Analyse angetan.
    Sehe ich auch so, mein Chartziel um 200,00€ Ende 2019/Anfang 2020.
    Meine Frage,was ist eigentlich aus den Geschäften/Praktiken der Shortseller geworden ?
    Geben Sie eine Antwort?
    MfG
    Ulrich Krüger


  • Peter Rolofs - 07.08.2019 14:03:23 Uhr


 

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