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Airbnb plant IPO für Dezember

IPO kann trotz Corona ein Erfolg werden

NTG24 - Airbnb plant IPO für Dezember

 

Das Zahlenwerk von Airbnb ist ausgesprochen spannend. Seit Jahren verfolge ich die Erfolgsstory des Unternehmens, aber es war im Detail nie klar, wie stark die Wachstumsraten wirklich sind und wie sich die Margen verteilen. Im Prospekt für den geplanten Börsengang legt Airbnb diese Zahlen erstmals auf den Tisch. 

Das Wachstum ist bemerkenswert. Von Anfang 2017 bis Ende 2019 hat sich der Umsatz auf hohem Niveau fast verdoppelt. Airbnb erzielte im Jahr 2017 einen Jahresumsatz von 2,56 Mrd. US-Dollar. Wohlgemerkt Umsatz, nicht das eigentliche Buchungsvolumen, das wesentlich höher liegt. Ende 2019 erreichte der Jahresumsatz schon 4,81 Mrd. US-Dollar (+88 %). Das ist ein beeindruckender Beleg dafür, wie beliebt die Plattform weltweit ist und bietet auch eine Perspektive, wo es hingeht, wenn die Corona-Krise vorbei ist.

Was ist eigentlich der Katalysator hinter Airbnb? Die negativen Zinsen. Die Zinspolitik in der Euro-Zone, der Schweiz und Japan arbeitet seit mittlerweile vielen Jahren mit negativen Zinsen. Die Zinspolitik in Grossbritannien und neuerdings auch in den USA liegt bei nahe Null, womit der Realzins negativ ist. Oder anders gesagt: Ruhendes Kapital wird in keiner der grossen Währungen mehr mit einem positiven Realzins verzinst. Die Inflation frisst sich in den Wert des ruhenden Kapitals und im Fall des Euro, Franken und Yen kommt obendrauf noch ein Strafzins, der die Werterosion beschleunigt. 

Führen Sie sich den Effekt bitte vor Augen: Wer beispielsweise in der Schweiz sein Vermögen in Höhe von 10.000.000 Franken bei der Bank belässt, wird im Jahr mit -0,75 % zur Kasse gebeten. Das sind im ersten Jahr 75.000 Franken, die man abgeben muss. Und das sind nur die Strafzinsen der SNB, die Bankgebühren kommen noch gesondert hinzu. Übertragen Sie das Beispiel in den Euro, dann sind es 50.000 Euro p.a. 

 

Airbnb wächst mit negativen Zinsen

 

Das sind Abgaben, die bei den meisten Anlegern die Bereitschaft stark erhöhen, ihr Kapital zu investieren. Sichere Anleihen wären üblicherweise die nächstbeste Alternative, doch auch dort werden die Anleger mit negativen Renditen zur Kasse gebeten. Aktieninvestments sind den meisten zu volatil und Gold erhält zwar die Kaufkraft, aber unterliegt dem Risiko der Wechselkursveränderung. Bleibt das heimische Betongold, das nicht nur als wertstabil gilt, sondern im Falle einer Vermietung auch eine Rendite abwirft und im besten Fall jährliche Wertsteigerungen über die Marktpreise erzielt. Diese Konstellation ist am sichersten in den beliebten Ballungsräumen zu erzielen, weswegen das meiste Kapital in Immobilien in den grossen beliebten Metropolen ausweicht. 

Der Nebeneffekt der Kapitalflucht in den Immobiliensektor sind steigende Mieten. Denn um die steigenden Immobilienpreise zu rechtfertigen, müssen die Einnahmen bzw. die Mieten mitwachsen. Anderenfalls würden die zu erwarteten jährlichen Renditen mit der Zeit gegen Nullen tendieren, was die Immobilienkäufer nicht akzeptieren würden. Entsprechend erhöht sich das Mietniveau in den beliebtesten Quartieren Jahr für Jahr. 

Airbnb ist ein Ventil für diese Entwicklung. Die beiden Gründer haben die Gesellschaft nur aus der Not heraus gegründet, da man sich die Miete im teuren San Francisco nicht mehr leisten konnte. Diese Situation ist inzwischen in vielen Metropolen die gleiche, woraus sich der Erfolg der Plattform ergibt: Die Menschen finden in Airbnb eine Möglichkeit, dem monatlichen Druck der hohen und steigenden Mieten zu entkommen. 

Ergo: Solange in dem jeweiligen Währungsraum die Realzinsen negativ sind und der Immobilienmarkt boomt, wird die Airbnb Plattform Rückenwind haben. 

 

Burn-Rate wie in guten alten Zeiten

 

Das Problem von Airbnb sind die Margen. Das Unternehmen hat in den Jahren 2017 bis einschliesslich 2019 Geld aus dem Fenster geworfen, als wenn es Bonbons wären. Über die Entwicklung der Umsatzkosten will ich gar nicht reden. Aber 1 Mrd. US-Dollar für den Bereich „Produktentwicklung“? Und dass nur im Geschäftsjahr 2019? Auch der Vertrieb verschlang im letzten vollständigen Geschäftsjahr 1,6 Mrd. US-Dollar. Von den Verwaltungskosten in Höhe von knapp 700 Mio. US-Dollar ganz zu schweigen. Alles in allem kam Airbnb zuletzt vor Corona auf einen operativen Aufwand von 5,31 Mrd. US-Dollar bei einem Umsatz von 4,81 Mrd. US-Dollar. Dazu muss ich nichts sagen. 

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Werbebanner Zürcher BörsenbriefeDie ersten neun Monate von 2020 war dagegen weniger schlimm als befürchtet. Der Umsatz sank wie zu erwarten, aber nicht so tief, wie ich befürchtet hatte. Airbnb erwirtschaftete trotz Krise 2,52 Mrd. US-Dollar nach 3,7 Mrd. US-Dollar in der Vorjahresperiode. Beim betrieblichen Aufwand riss man sich am Riemen, aber hat noch ein paar Löcher am Gürtel frei, um ihn enger zu schnallen. Bis Ende September belief sich der operative Verlust auf -490 Mio. US-Dollar und dank einer satten Restrukturierung beläuft sich der Verlust nach Steuern sogar auf -697 Mio. US-Dollar. Kein Wunder also, dass Airbnb mitten in der Corona-Krise einen Börsengang plant. 

Eine konkrete Empfehlung zu dieser Analyse ist den Lesern des Zürcher Finanzbriefes vorbehalten. Den Zürcher Finanzbrief und die zugehörigen Empfehlungen können Sie im Rahmen eines kostenlosen Probe-Abonnements ausgiebig testen.

 

18.11.2020 - Mikey Fritz - mf@zuercher-boersenbriefe.ch

 

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