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Argentinischer Peso vor neuer Abwertungswelle?

Argentinien vor dem Aufprall

NTG24 - Argentinischer Peso vor neuer Abwertungswelle?

 

Argentinien treibt unter seinem neuen Präsidenten eine Restrukturierung seiner Schulden voran. Denn wenn die Taschen erst einmal leer sind, gibt es nur noch Verluste zu verteilen. Und das, obwohl das Land vor rund 2 Jahren den bis dahin größten Zahlungsbilanzkredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) erhielt.

Der neue argentinische Präsident Fernandez bezeichnete die aktuelle Lage als fast so schlimm wie 2001. Damals ging Argentinien mit Schulden von rund 100 Mrd. US-Dollar pleite. Aktuell steht die Verschuldung Argentiniens im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt bei rund 90 %.

 

Dollar in Peso

 

In der Zwischenzeit ist in Argentinien allerdings viel passiert. Schwache und korrupte Institutionen schafften vor allem Anreize für Selbstbedienung und Vetternwirtschaft. Die geerbte Ungleichverteilung des Vermögens und des Einkommens verschärfte sich durch die Krisen immer weiter, und das Vertrauen in die Wirtschaftspolitik sank immer tiefer. Schon vor der Wahl Mauricio Macris zum Präsidenten Ende 2015 hatte der neoperonistische Dirigismus und Interventionismus der Regierung Präsident Kirchners und seiner Frau und Nachfolgerin im Amt Kirchner-Fernandez das Vertrauen internationaler Investoren erschüttert. Das Handels- und Leistungsbilanzdefizit nahm weiter zu, und die Zinsen stiegen in dessen Folge. Manipulierte Statistiken vertuschten das Ausmaß der Inflation, und die Flucht aus dem argentinischen Peso verstärkte sich.

Mit dem Versprechen, dass eine Öffnung der Wirtschaft Argentiniens Besserung bringen würde, beendet im Dezember 2015 der frisch gewählte Präsident Macri die Interventionen der Zentralbank und gab den Wechselkurs frei (siehe kleinen Anstieg im Chart). Daraufhin wertete der Peso über Nacht rund 50 % ab.

Das BIP aber soll einstweilen nicht wachsen, was die Relationen weiter in den nicht nachhaltigen Bereich verschieben dürfte. Der neue Präsident Macri erhielt den größten je vom IWF gewährte Kredit, der 56 Mrd. Dollar über einen Zeitraum von 3 Jahren betrug. Im Gegenzug verpflichtete sich Argentinien, ohne Zinszahlungen bis 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorzuweisen. Daraufhin kam es erneut zu einer kurzfristigen Stabilisierung des Peso. Als die Politik Macris nicht den gewünschten Erfolg hatte und die Leidensfähigkeit und Geduld der Argentinier erschöpft war, begann der Peso im August erneut verstärkt abzuwerten (siehe Chart).

Nach der Niederlage Macris bei den Vorwahlen um die Präsidentschaft im August 2018 gegen den Peronisten Alberto Fernández, den Ex-Kabinettschef von Ex-Präsidentin Kirchner-Fernandez, begannen die Kapitalmärkte, einen Staatsbankrott einzupreisen. In der Folge räumte Macri ein, dass das Land seine Schulden kurzfristig nicht bedienen könne. Angesichts der daraufhin eintretenden neuen Kapitalfluchtwelle führte Argentinien wieder Kapitalverkehrskontrollen und Beschränkungen im Devisenhandel für Unternehmen und Privatpersonen ein.

In der vergangenen Woche hat nun die Ratingagentur Standard & Poors die Kreditwürdigkeit Argentiniens für Kredite in lokaler Währung von CC auf CCC- herabgestuft. Damit sieht die Agentur eine hohe Wahrscheinlichkeit des Zahlungsausfalles. Auslöser für die Herabstufung war die Verlängerung von auf US-Dollar laufenden Anleihen und der Umtausch von Peso-Anleihen. Nach der Abstufung ist Argentinien nur noch zwei Stufen vom endgültigen Zahlungsausfall entfernt. Die Kreditbeurteilung von Argentinien in ausländischer Währung durch Standard & Poors bleibt bei CCC-.

Die Rating-Agentur erklärte zudem, dass auch der volatile Wechselkurs des Peso, die hohe Inflation und eine anhaltende Rezession sowie sich weiter verschlechternde Finanzierungsbedingungen im Inland das Kreditrating des Landes weiterhin gefährden. Der IWF erwartet für 2020 eine Inflationsrate von 51 %.

 

Fazit

 

Die Unfähigkeit Argentiniens, als Kreditnehmer nachhaltig Vertrauen aufzubauen, ist eine Bleikugel jeder zukünftigen Wirtschaftspolitik am Rio de la Plata. Die extreme Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen zeigt, dass der Gesellschaftsvertrag, der als Minimalanforderung individuelle Entwicklungschancen beinhalten muss, in Argentinien nicht eingehalten wird. Die in der Ära Kirchner und Kirchner-Fernandez bereits gescheiterte Politik herrscht nun erneut am Silberfluss. Aber ohne Zugang zum Kapitalmarkt wird es für den neuen Präsidenten sehr schwer, ausländische Investitionen anzuziehen.

Hinzu kommt, dass sich auch das Verhältnis zum großen Nachbarn Brasilien unter dem dortigen konservativen Präsidenten Bolsonaro deutlich abgekühlt hat. Die hohe Inflation Argentiniens innerhalb des Mercosur löst zudem einen anhaltenden Deflationsimpuls auf den brasilianischen Real aus. Wir erwarten deshalb schwierige Umschuldungsverhandlungen Argentiniens mit dem IWF, eine Verzögerung der Umsetzung des Mercosur-Abkommens mit der EU und in der Folge einen offenen oder verdeckten Staatsbankrott Argentiniens.

 

30.01.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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