Turbulenzen im chinesischen Immobilienmarkt

Country Garden sagt Kapitalerhöhung in letzter Minute ab und verschreckt die Börse

 

Es beginnt wieder turbulent zu werden im chinesischen Immobilienmarkt. Pünktlich am 01. August wurden die Hausverkäufe in China publiziert und die Immobiliengesellschaften erlebten im Juli die grösste monatliche Kontraktion im Jahresvergleich. Der Wert der Neubauverkäufe bei den 100 grössten Immobiliengesellschaften schrumpfte um -33,1 % auf 350,4 Mrd. Yuan. Das entspricht einem Volumen von rund 44,5 Mrd. Euro. Es war zudem der zweite Monat in Folge mit Rückgängen. Und die Rückgänge nahmen noch zu. Im Vergleich zum Vormonat Juni brachen die Verkäufe um -33,5 % ein.

Der Nachfrageeinbruch kommt zu einem kritischen Zeitpunkt. Die Bewertungen der börsennotierten Immobiliengesellschaften liegen im Keller, nachdem sie seit Jahren fallen. Bei einigen Gesellschaften begann die Baisse 2018, bei den anderen spätestens aber in 2021. Jede Kapitalerhöhung auf aktuellem Niveau stellt daher eine massive Verwässerung der Altaktionäre dar, weswegen diese Option nur gezogen wird, wenn es sein muss. Gleichzeitig fällt es den Unternehmen aber immer schwerer, neues Fremdkapital aufzunehmen, da der Verschuldungsgrad im Zweifel stark gestiegen ist und zu beleihende Vermögensteile entweder schon verpfändet oder die Beleihungswerte stark gefallen sind.

Warum brauchen die Unternehmen so dringend Liquidität? Der Boom im chinesischen Immobilienmarkt hatte dazu geführt, dass viele Unternehmen sich zu weit aus dem Fenster gelehnt hatten, indem neue Projekte mit antizipierten Cashflows aus noch nicht beendeten Projekten finanziert wurden. Das funktioniert, wenn alles reibungslos über die Bühne geht und die Cashflows sich quasi die „Klinke in die Hand geben“. Kommt es jedoch zu zuvielen Verzögerungen und Unterbrechungen, dann müssen die Unternehmen die Projekte entweder (mit Verlust) abstossen oder frisches (Fremd-)Kapital aufnehmen, um die Liquiditätslücke zu schliessen. 

 

Turbulenzen im chinesischen Immobilienmarkt

 

Country Garden (KYG245241032) zeigte am Dienstagmorgen auf, wie nervös alle sind. Das Unternehmen ist eine der ganz grossen chinesischen Immobiliengesellschaften, die nicht in Konkurs gegangen sind. Um die Teiltilgung einer 2,9 Mrd. US-Dollar schweren Anleihe vorzunehmen, die Ende des Jahres fällig wird, hatte man eine Kapitalerhöhung im Umfang von 2,34 Mrd. HK-Dollar (ca. 273 Mio. Euro) eingeleitet. Nur um sie dann heute früh ohne Nennung von Gründen abzusagen, obwohl das Orderbuch voll war. Die Notierungen brachen daraufhin um bis zu -11 % ein und schlossen -7,6 % tiefer. 

 

 

Das Investitionsrisiko bei Country Garden ist stark erhöht. Der Anleihemarkt preist einen Ausfall und eine Restrukturierung ein, was signalisiert, dass die Aktionäre leer ausgehen könnten, wenn das Unternehmen keine Refinanzierungen findet. Die Absage der Kapitalerhöhung, nachdem man bereits das Orderbuch gefüllt hatte, muss aber im Zusammenhang mit den jüngsten Massnahmen der Regierung gesehen werden. Bekommt Country Garden direkte oder indirekte Hilfe aus Peking, ist man aus dem Schneider und die Aktien (und Anleihen) schiessen durch die Decke. Wenn nicht, kann der Aktienkurs im schlechtesten Fall auch auf Null fallen. Naheliegend ist, dass das Management aus Peking signalisiert bekommen hat, dass man mit einer Refinanzierung rechnen kann, weswegen man die stark verwässernde Kapitalerhöhung abgesagt hat.

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Unlimitierte Käufe und Verkäufe werden im Zürcher Finanzbrief zum Schlusskurs (MOC) der Hauptbörse abgerechnet. 

02.08.2023 - Mikey Fritz

 

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