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Coronavirus – der Motor der Inflation

Droht der Weltwirtschaft und insbesondere dem Euro nun auch noch eine neue Inflationswelle?

NTG24 - Coronavirus – der Motor der Inflation

 

Weltweit löst die Corona-Pandemie derzeit eine wirtschaftliche Notsituation aus. Nicht nur in Amerika, der größten Volkswirtschaft der Welt, hat die Industrie ihre Produktion so kräftig gedrosselt wie seit dem Jahr 1946 nicht mehr. Auch Aktienkurse gaben zuletzt sowohl in Europa als auch an der Wall Street merklich nach. Zur Eingrenzung der wirtschaftlichen Tragödie und zur Verhinderung einer weiteren Weltwirtschaftskrise, haben Regierungen innerhalb kürzester Zeit in einem globalen Ausmaß Unterstützungspakete von Geld- und Fiskalpolitik angedacht, beschlossen und teilweise bereits realisiert. Alleine in Deutschland wird der aktuelle Wert der beschlossenen fiskalischen Maßnahmen auf über 20 % des gesamten Bruttoinlandsproduktes eines ganzen Jahres geschätzt und die Europäische Zentralbank EZB wird über Wertpapierkäufe mehr als eine Billion Euro Liquidität in den Kapitalmärkten in Umlauf bringen.

Welche Auswirkungen eine solche Geldflut im Speziellen mit sich bringen könnte, ist schwer vorherzusehen. Viele Stimmen befürchten derzeit jedoch, dass gerade aufgrund der großen Masse an hinzufließender Liquidität die Preisstabilität in Gefahr sein und eine Inflationswelle drohen könnte.

 

Inflation - das notwendige Übel

 

Dass Inflation grundsätzlich stattfindet, wird von verschiedensten Faktoren herbeigeführt. Kurz gesagt bedeutet Inflation, dass der Geldwert vermindert wird oder das allgemeine Preisniveau steigt. Herbeigeführt wird Inflation durch steigende Verbraucherpreise, welche eine schleichende Geldentwertung begünstigen. Eine gewisse Inflationsrate wird von Ökonomen befürwortet, da Verbraucher und insbesondere auch Unternehmen so Investitionen nicht hinausschieben, sondern lieber gleich tätigen und auf diese Weise das Wirtschaftswachstum befördern. Aus diesem Grund strebt die EZB eine jährliche Inflationsrate von ca. 2 % an. Eine Gefahr, die die Inflation mit sich bringt, ist die Angst vor Deflation, also der Verknappung der Geldmenge. Weil Menschen in der Erwartung fallender Preise weniger Geld ausgeben und Unternehmen so weniger Umsätze generieren würden, geht die Wirtschaftsaktivität zurück. Mit dem Wirtschaftswachstum würde dann auch der allgemeine Lebensstandard sinken. Aus diesem Grund wird Inflation in Maßen meist als das kleinere Übel hingenommen und akzeptiert.

Die Situation in der derzeitigen Corona-Pandemie könnte allerdings einen ernsthaften Anlass zur Sorge bieten. Aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung des COVID-19 Virus hat die Weltwirtschaft mit einem parallelen Angebots- und Nachfrageschock zu kämpfen. Das gesamte etablierte Wirtschaftssystem gerät aktuell aus den Fugen, da sich Verfügbarkeiten und Bedürfnisse verschieben, Lieferketten gestört oder unterbrochen sind und die Möglichkeit einer schnellen Reaktion darauf erschwert wird. Dabei bleibt nahezu keine Volkswirtschaft oder Branche verschont.

Hinzu kommt, dass die globale Verschuldung laut dem quartalsweisen Report des Institute of International Finance (IIF) vom 13. Januar bereits vor der Corona-Krise bei 253 Billionen US-Dollar lag und damit ein Rekordniveau erreicht hat. Dieser Wert entspricht 322 % des globalen BIP, sodass die Höhe der Schulden die gesamt Wirtschaftsleistung um das Dreifache übertrifft. Auch aufgrund der Corona-Pandemie wird eine signifikante Beschleunigung der Verschuldung erwartet, die zu einem deflationären Schock führen könnte. Dieses Szenario macht Reflation notwendig, um einen Zusammenbruch der Weltwirtschaft zu verhindern.

 

Eingeschränkter Handelsspielraum bei den Notenbanken

 

Ausweg aus dieser wirtschaftlich äußerst prekären Situation ist für viele Notenbanken nur noch die Produktion neuer Noten, insbesondere um die Finanzierung der Konjunktur- und Rettungspakete der Staaten und den Ankauf verschiedenster Vermögenswerte sichern zu können. In unserem heutigen Währungssystem, einem in seiner Gesamtheit ungedeckten Fiat-Money-System, können Banken theoretisch unbegrenzt Geld aus dem Nichts schöpfen und damit Vermögenswerte ankaufen. Dies verstärkt wiederum den Inflationseffekt maßgeblich. Sobald in der aktuellen Situation eine bestimmte Summe aus den Notenpressen erreicht ist, wird zunächst ein stabilisierender Effekt eintreten. Danach wird sich dieser jedoch umkehren und Preise in die Höhe treiben – zunächst alle Vermögenspreise und anschließend die Preise von Gütern, Waren und Dienstleistungen. Hinzu kommt möglicherweise eine Verringerung des wirtschaftlichen Angebotes, da Lieferketten derzeit in nicht unerheblichem Ausmaß unterbrochen werden. Besonders betroffen sind hierbei Bereiche des Helikoptergeldes, bei denen zins- und tilgungsfreie Finanzhilfen an Haushalte und Selbstständige ausgezahlt werden.

Um die wirtschaftlichen Folgen des Corona-Virus in Schach zu halten, haben die Notenbanken weltweit bereits 73 Mal die Zinsen gesenkt, davon alleine 51 Mal im Monat März. Sollten die aktuellen Planungen bezüglich der Maßnahmen zur Eindämmung der wirtschaftlichen Folgen des Corona-Virus so umgesetzt werden, könnten mehr als 9,6 Billionen US-Dollar neuen Geldes in die Weltwirtschaft eingespeist werden. Diese Summe könnte je nach Notwendigkeit auch noch aufgestockt werden. Das Ziel der Preisstabilität, also der Vermeidung einer wirtschaftlich schädlichen Inflationsrate, wird dem Erhalt der Systemstabilität in Anbetracht dieser Zahlen augenscheinlich untergeordnet. Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des lfo-Instituts und Professor für Volkswirtschaft in München, erläuterte in einem Interview mit nordbayern: „Langfristig entfernen wir uns aber immer mehr vom Gebot einer am Geldwert orientierten Zentralbankpolitik. Der Überhang der Geldmenge über die reale Ökonomie wird immer größer. Ich fühle mich in fataler Weise an die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg erinnert, als man eine kaputte Wirtschaft hatte, die Spanische Grippe kam und Deutschland versuchte, sich mit frisch gedrucktem Geld zu retten.“

Diese Entwicklung rückgängig zu machen und die neu geschaffenen Geldmengen rückzuführen, indem zum Beispiel die Zinsen über die Teuerungsrate hinaus angehoben und die Bilanzen der Banken, auf denen die gekauften Assets gelandet sind, reduziert werden (Zinsnormalisierung), ist erfahrungsgemäß nicht ohne Weiteres möglich. Stattdessen führt dies eher zu einem Einbruch der Aktienmärkte und einer signifikanten Konjunkturabkühlung, wie die US-Notenbank Fed während der letzten Finanzkrise realisieren musste.

 

Edelmetalle als sicherer Hafen

 

Dementsprechend hoch im Kurs stehen derzeit alternative Wertanlagemöglichkeiten. Edelmetalle wie Gold und Silber symbolisieren für viele Menschen aktuell die stabilste erhältliche Wertanlage und unterliegen dementsprechend hohen Nachfragen. Diese Situation stellt den gesamten Markt unter enormen Druck, Lieferketten könnten noch häufiger zusammenbrechen und die Verfügbarkeit von Münzen, Edelmetallbarren und Co. noch weiter einschränken.

Stimmen, die eine inflationäre Wirkung der Corona-Krise dementieren, argumentieren, die zugeschossene Liquidität diene dem Zweck der Stabilisierung der kriselnden Wirtschaft während der Corona-Pandemie und werde nicht in reines Konsumverhalten investiert. Stattdessen sollen Unternehmen und Selbstständige zu Zwecken des Existenzerhalts in die Lage versetzt werden, ihre laufenden Kosten und insbesondere ihr Personal weiterhin finanzieren zu können, auch wenn ihr Umsatz derzeit abrupt einbricht. Darüber hinaus solle ein Übergreifen der finanziellen Notsituation auf den Finanzsektor verhindert werden, um dessen Handlungsfähigkeit zu erhalten.

Die Gefahr einer Inflation durch die Corona-Pandemie könnte sich nach aktueller Prognose grundsätzlich realisieren, weshalb das aktuelle Vorgehen des Kaufkrafterhalts der ungedeckten Währungen mit gesunder Skepsis beobachtet werden sollte. Die Notenbanken genießen in der derzeitigen Krise ein immenses Ausmaß an Entscheidungsspielraum bezüglich der Produktion von Geld. Dieser Spielraum sollte auf keinen Fall überstrapaziert werden, um die Inflationsrate nicht auf ein unumkehrbar schädliches Niveau zu erheben.

 

15.04.2020 - Lena Beermann - lb@ntg24.de

 

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Bewertungen, Kommentare und Fragen an den Redakteur

 

  • Dominik Schreiner - 08.05.2020 21:51:50 Uhr

    Vielen Dank für die Perfekte Erklärung... Auch wenn ich es schon wusste, perfekt einfach.
    Auch auch meine Skepsis ist schon sehr hoch. Auch wenn es sich im ersten Blick um Giro und Zentralbankgeld handelt, das leichter wieder Vernichtet werden kann.

    Ich versteh nicht warum Preisstabilität nicht bevorzugt wird. Warum muss man für ein Produkt das man früher für 0,10€ bekommen hat jetzt 1,20 kosten (Eiskugel). Für wie blöd halten die die Bevölkerung? Das Geld wird immer weniger wert und es wird einem vermittelt ohne Inflation ist alles ganz schlimm?


 

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