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Daimler: Gelegenheit zum Ausstieg

Aktie klar überbewertet

NTG24 - Daimler: Gelegenheit zum Ausstieg

 

Auch in den letzten beiden Tagen änderte sich an der seit Monaten trüben Nachrichtenlage rund um DAIMLER (DE0007100000) nicht das Geringste.

Zunächst bestätigte das Landgericht Stuttgart eine Anfrage, dass sich die Schadensersatzforderungen der weiter anhängigen Klagen gegen den Autobauer im Zusammenhang mit der leidigen Dieselaffäre aktuell auf mehr als 1 Mrd. Euro belaufen würden, wobei allein in 4 Hauptverfahren geforderte Schadensersatzzahlungen von insgesamt ca. 350 Mio. Euro zu verhandeln sind.

Die Klageeinreichungen gegen Daimler werden dabei derzeit nicht nur von Automobilbesitzern vorgebracht, die diese aufgrund der zurückliegenden Rückrufaktionen sowie daraufhin eingetretener deutlicher Einbußen der Markt- und Wiederverkaufswerte geltend machen, sondern immer stärker auch von Fonds und Vermögensverwaltern, die nach dem Muster entsprechender Verfahren auch gegen VW und seine Muttergesellschaft Porsche den Stuttgarter Konzern beschuldigen, Finanzmärkte, Analysten, Vermögensverwalter und Investoren zu spät bzw. nur unzureichend über die finanziellen Folgen und Ausmaß des Dieselskandals informiert zu haben.

Sowohl die Vorwürfe der Verwendung illegaler Abgastechniken wie auch unrichtiger bzw. lückenhafter Finanzmarktinformationen zur Dieselaffäre bestreitet Daimler zwar weiterhin vehement.

Der Ausgang der noch anhängigen Verfahren in Deutschland, die Daimler zusammen mit den vergangenen Rückrufaktionen schon zurückliegend Kosten in Milliardenhöhe beschert haben, ist jedoch (entgegen einem ersten bereits geschlossenen Sammelklagen-Vergleich in den USA) noch völlig offen und wird – allerdings bislang nur zu den eingereichten Klageeinreichungen von Autobesitzern – nun erstmals Ende Oktober auch vor dem Bundesgerichtshof verhandelt.

Diese somit weiter schwelende Unsicherheit der noch offenen Klageausgänge in Deutschland dürfte auf den Konzern und seinen Aktienkurs somit auch generell weiter belastend ausstrahlen.

Hinzu kam heute außerdem die zweite negative Nachricht, die für Daimler fraglos einen Rückschritt in seinen generellen Elektrofahrzeug-Ambitionen, gerade gegenüber Tesla und VW bedeuten würde, dass sich nach einem Bericht des üblicherweise „gut informierten“ Portals Autocar die Markteinführung und der Verkaufsstart seines Elektromodells Mercedes EQA (einer vollelektronischen Variante seines Ende 2019 lancierten, gasgetriebenen Kompakt-SUVs GLA) vom ursprünglich anvisierten 3. Quartal 2020 nun voraussichtlich in die 2. Jahreshälfte 2021 verschieben dürfte.

Der Grund für diese Verschiebung ist dem Vernehmen nach zum einen, dass Daimler derzeit generell mit einer Strukturänderung und auch möglichen Standortverlagerungen im Produktionssegment der Elektroautomobile befasst sei, zum anderen aber auch, dass es infolge der Corona-Pandemie zu deutlichen Zulieferungsverzögerungen von Elektrofahrzeug-Batterien gekommen sei.

Beide Meldungen dürften dem Anleger-Sentiment gegenüber der Aktie auch in den nächsten Tagen weiter abträglich sein, auch wenn die Aktie heute „nur“ mit einem Abschlag von - 4,4 %, also damit exakt gleich schwach wie der DAX, aus dem XETRA-Handel gegangen ist.

 

Finanzielle Perspektiven, Aktienbewertung und Anlageurteil

 

Auch die sonstigen, generellen finanziellen Aussichten von Daimler sehen, zumindest was den Rest des Jahres angeht, alles andere als rosig aus.

So erwarten die Analysten im laufenden 3. Quartal, geprägt von einem weiter verhagelten Geschäft vor allem in den USA und Europa, im Konsens einen weiteren Nettogewinneinbruch gegenüber dem Vorjahr um rd. - 51 %, wobei jedoch ergänzend anzumerken ist, dass Daimler in allen 3 vorangegangenen Quartalen, auch wegen anhaltend hoher Aufwendungen aufgrund der Dieselaffäre, die Nettogewinnschätzungen der Analysten jeweils deutlich verfehlt hatte.

Bezogen auf das Gesamtjahr 2020 rechnen die Analysten sogar mit einem Nettogewinn-Kollaps gegenüber 2019 um - 85 %, womit das aktuelle rechnerische KGV (2020e) von Daimler immerhin bei 55 stehen würde.

Für die kommenden Jahre 2021 und 2022e sind zwar natürlich deutliche Gewinnzuwächse bei Daimler zu veranschlagen, die dann die Aktien-KGVs aus heutiger Sicht auch wieder schlagartig auf Werte von rd. 10,5 in 2021 und 7,5 in 2022 zurückführen würden.

Allerdings bleiben die hiermit einhergehenden Nettogewinnschätzungen der Analysten je Aktie mit 4,31 EUR (2021) bzw. 5,97 EUR (2022) damit auch weiterhin meilenweit hinter den Daimler-Blütejahren von 2015 – 2017 (Nettogewinne von rd. 8 - 10 Euro je Aktie) zurück, was jedoch bedeutet, dass o.g. geschätzte KGVs von 10,5 in 2021 und 7,5 in 2022 kaum in Einklang mit den Rekordjahren 2015 – 2017 zu bringen sind, als sich die Aktien-KGVs von Daimler in einem sehr ähnlichen Terrain bewegten.

Oder auch anders ausgedrückt: Gemessen an den Aktien-KGV-Bewertungen der operativen Blütezeit 2015 – 2017 stellen die vergleichbar hohen KGVs (2021) und (2022e) derzeit in unseren Augen eine klare Überbewertung der Aktie dar, zumal die gemäß Vorstandsbeschluss für 2019 nachvollziehbar auf 0,90 EUR je Aktie abgesenkte Dividendenausschüttung aktuell nur noch eine Dividendenrendite von 2,1 % darstellt, die in 2020 nach Konsensschätzung der Analysten sogar nur noch auf rd. 0,4 % (= Dividende von rd. 0,17 EUR je Aktie) absinken dürfte.

 

Aktienchart DAIMLER

 

 

Mit der Kursverdopplung im Zuge ihrer Erholungsrallye seit Mitte März „schwebt“ die Daimler-Aktie charttechnisch zudem derzeit exakt im derzeitigen Widerstands-Korridor zwischen ihrem längerfristig steilen und kurzfristig flacheren Korrekturtrend, wie obiger Chart verdeutlicht.

Wir nehmen diese „knifflige“ Chartsituation, die fundamental aus unserer Sicht derzeit klare Überbewertung der Aktie und das aktuell auch weiterhin sehr trübe Nachrichtenbild um den Konzern daher zum Anlass, gerade konservativeren Investoren oder solchen mit nennenswerten kurzfristigen Einstandsgewinnen auf dem mittlerweile erreichten Kursniveau nun (zumindest vorübergehend) erst einmal wieder den Ausstieg aus der Aktie zu empfehlen.

 

21.09.2020 - Matthias Reiner - mr@ntg24.de

 

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