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Gold und Negativzinsen

Ein Marktbericht von Arndt Kümpel

 

Seit Gold 1971 fürs Erste endgültig entmonetarisiert wurde, war eines der wesentlichen Argumente gegen ein Investment, dass Gold beim Beauty-Contest der risikolosen Erträge durchfiel. Denn ein Investment in Staatsanleihen bester Bonität brachte in der Regel eine positive Realrendite, während Gold keinen Kupon erwirtschaftete. Die Goldbestände der Zentralbanken oder auch der Bullionbanken, die am Goldmarkt Handelsbestände an physischem Metall aufbauten, erzielten einen kleinen Kostendeckungsbeitrag aus dem Verleasen ihrer Bestände. Eine Ertragskonkurrenz gegen reale Überrenditen von Aktieninvestments oder ordentliche Realrenditen von Anleihen war dies aber nicht.

 

Permanenter geldpolitischer Notstand

 

Dies änderte sich allerdings mit dem Siegeszug des permanenten geldpolitischen Notstands in und nach der Finanzkrise 2008/2009. Zwar hatten die Notenbanken auch schon in den Krisen zuvor die Zinsen gesenkt, konnten diese aber nach einiger Zeit wieder anheben. Nun scheint es, als ob die Reaktionsschwelle der Zinserhöhungen in den USA wohl unter 2,5 % und im Euroraum nicht viel über dem jetzigen Zins von null liegt, wenn man berücksichtigt, dass die letzte Erhöhung in den USA schon mindestens eine zu viel war, vor allem in Verbindung mit dem Bilanzabbau. Die EZB hat mit beidem noch gar nicht begonnen, und man fragt sich, was bei ihr die nächste Seite aus dem Buch unkonventioneller Geldpolitik sein wird.

Eine Überlegung nagt dabei aber doch an der Logik ,,Bad news is good news‘‘: Wie soll die schlechte Nachricht zu einem Happy End führen, wenn niedrigere Zinsen für immer schlechtere Schuldner kein reales Wachstum mehr schaffen?

Die schnelle Abkühlung des Wachstums bei extrem niedrigen Zinsen lässt den Märkten aber langsam schwanen, dass ihr Vertrauen in die Notenbanken auf eine harte Probe gestellt werden könnte. Die Jagd nach Rendite treibt die verzweifelten Investoren immer tiefer in negative Renditen, wie ein Blick auf den Chart der Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe zeigt. Inzwischen sind weltweit 40 % aller ausstehenden Staatsschulden eine negative Rendite aufweisen.

 

Rendite Bundesanleihe 10 Jahre

 

Verzweifelt sind Investoren auch deshalb, weil eine Grundannahme für Geld als Tauschmittel ist, dass sein natürlicher Zins nicht kleiner als null sein kann, solange man noch ein Tauschgut mit einem positiven Grenznutzen dafür erhält. Renditejäger könnten gleichwohl darauf spekulieren, dass ein Zinsrückgang von – 0,4 % auf – 0,5 % bei 10 Jahren Laufzeit auch zu einem außerordentlichen Kapitalertrag von 1 % und damit zu einer Verbesserung der Ertragslage führt, wenn nicht insgesamt dieser Kursgewinn von einer negativen Emissionsrendite aufgefressen wird. Der Investor als Desperado!

 

Vermiedene Verluste sind die schönsten Gewinne!

 

In einem solchen Umfeld kommt die Bedeutung der relativen Attraktivität für Gold wieder zum Tragen. Und die fehlende Verzinsung strahlt plötzlich als fehlende negative Verzinsung in einem ganz neuen Licht, denn auf einmal gilt: Vermiedene Verluste (Zinskosten) sind die schönsten Gewinne! Die Verhaltensökonomie erklärt überzeugend mit der asymmetrischen Wertefunktion von Gewinnen und Verlusten den kognitiven Nutzen dieser Konstellation. Damit erlangt Gold einen zusätzlichen psychologischen Prozessnutzen als ,,Pleasure-Inducer‘‘, und zwar umso mehr, je verzweifelter die Notenbanken die Zinsen in den negativen Bereich drücken und damit die Opportunitätskosten für Gold senken.

Dieser Effekt beim Segeln durch den Nebel in geldpolitisch unbekannten Gewässern ist nicht neu. Er erscheint nur in einer Welt negativer Zinsen in einem anderen Gewand. Im Kern ist es die Quelle, warum Gold, Silber & Co. seit Jahrtausenden mentaler Fluchtpunkt in Krisen sind. Nämlich immer dann, wenn das Vertrauen in ökonomische Arrangements und juristische Regeln anfängt zu bröckeln und die Angst wächst, dass über den Vermögenswerten, deren Werthaltigkeit auf eben diese Regeln angewiesen ist, die Sonne untergeht.

 

09.07.2019 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de





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