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Deutsche Zinsen konsolidieren Trendbruch

War das der langfristige Boden für die deutschen Zinsen?

NTG24 - Deutsche Zinsen konsolidieren Trendbruch

 

War das Allzeittief der Renditen der 10-jährigen deutschen Bundesanleihe Anfang März 2020 bei – 0,897 % das finale Zyklustief im seit über 30 Jahren laufenden Abwärtstrend?

Die richtige Antwort auf diese Frage dürften derzeit viele Investoren umtreiben. Denn spätestens seit der Finanzkrise 2008/2009 und der darauffolgenden extremen Geldpolitik stehen viele Investoren verzweifelt in der Ecke der Portfolio-Allokation. Das geflügelte Wort vom ,,return free risk‘‘ macht seit Jahren die Runde, was nichts anderes bedeutet, als dass man bestimmte Vermögenswerte nur deshalb kauft, weil mit ihnen das Risiko kleiner erscheint als bei den Handlungsalternativen, wenn es diese aufgrund von Anlagerichtlinien überhaupt noch gibt. Ergebnis: Ein klassischer Anlagenotstand, in dem man die Risiken der Assets nur deswegen unterschätzt, weil am Markt kein risikobezogener Preis mehr entsteht.

Was dies für Anleihen mit negativer Endfälligkeitsrendite bedeutet, kann man sich leicht ausmalen. Und im Ergebnis für den Gesamtertrag des Portfolios auch. Laufzeiten-Risiken können damit im Falle eines nachhaltigen Zinsanstieges zu einem bedeutenden Performance-Risiko werden, zumal viele Portfolien den verzweifelten Rutsch entlang der Zinsstrukturkurve in Richtung (sehr) langer Laufzeiten zur Erhöhung der ordentlichen Erträge unter Inkaufnahme höherer Laufzeiten-Risiken schon lange hinter sich haben.

Und nun hat sich der Trend bei den Renditen der 10-jährigen Staatsanleihen verhärtet. Der Corona-Crash im März 2020 ließ die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe auf ein Allzeittief bei – 0,897 % sinken. Seitdem bewegte sich diese seitwärts, brach aber, wie Chart 1 zeigt, Mitte Februar 2021 aus und liegt nun über ihrem seit der Finanzkrise 2008 laufenden Abwärtstrend.

Der US-Notenbankchef Powell deutete nun in der vergangenen Woche in einem Interview in der Sendung ,,60 Minutes‘‘ im Fernsehsender CBS an, dass sich die US-Wirtschaft an einem ,,inflection point‘‘ befinde und er ein stärkeres Wachstum erwarte, auch wenn das Corona-Virus weiterhin eine Bedrohung für das Wachstum darstelle.

Sollte die Prognose des FED-Chefs eintreten, so dürfte auch der langfristige Zins in den USA weiter nach oben streben und die 10-jährige deutsche Bundesanleihe, wenn auch von einem niedrigeren Niveau aus, folgen.

Spätestens bei Überschreiten der psychologisch wichtigen Nulllinie dürften allerdings auch in der Eurozone die Diskussionen darüber lauter werden, ob der Zinsanstieg nicht primär von steigenden Inflationserwartungen getrieben wird. Denn nach überschäumendem Wachstum sieht es in der Eurozone jenseits von Basiseffekten von Wachstumszahlen irgendwie noch nicht aus. Die hohen Schätzfehler der Prognosen für das Wachstum des 4. Quartals 2020 spricht dabei Bände.

 

 

Die Meinung des Marktes zur Zinsentwicklung kann man, legt man die Annahmen der Behavioral-Finance-Schule zugrunde, zumindest ansatzweise in den Kursverläufen abschätzen. Und ein Blick auf die Entwicklung der Rendite der deutschen Bundesanleihe zeigt, dass sich in den vergangenen gut 2 Jahren eine umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Formation gebildet hat, deren Spitze nach unten das Corona-Crash-Tief im März 2020 war.

Die zweite rechte Schulter weist dabei selbst nochmals eine Konsolidierung in Form eines Doppelbodens auf. Danach setzte die Rendite zum Sprung an und überwand die langfristige Abwärtstrendlinie mit einem Kurs-Gap. Dieses Gap ist ein weiteres Indiz dafür, dass diese Renditeschwelle dem Markt nicht vollkommen gleichgültig ist.

Nun steht die Rendite kurz unter der Nackenlinie der Bodenformation, welche als gepunktete blaue Horizontale dargestellt ist und welche bei – 0,236 % liegt. Ein Wochenschluss oberhalb dieser Marke wäre ein deutliches charttechnisches Indiz dafür, dass er Schub in Richtung 0 % in Kürze ansteht!

 

 

Und was ist das Fazit?

 

Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Rendite der 10-jährigen deutschen Bundesanleihe einen langfristigen Boden gebildet haben. Dies hätte massive Konsequenzen für die Portfolioausrichtung sowohl bei privaten wie auch institutionellen Investoren, für die die wachsenden Laufzeitenrisiken und deren Absicherung schon bald zu einem großen Thema auf Anlageausschusssitzungen werden könnte. Sollte die Inflationsrate zudem schneller steigen als die Zinsen, da die EZB und das FED dem entgegenwirken, dürfte der Realzins gleichwohl sinken. Dies wäre dann eine neue Folge der Serie ,,ertragsfreien Risikos‘‘!

 

13.04.2021 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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