TUI steht unter dem Eindruck eines Warnstreiks bei einer wichtigen Tochter, was dem Aktienkurs nicht auf die Sprünge zu helfen scheint
War es das schon mit der Erholung?
Nach einem beispiellosen Abverkauf freute die Aktie von TUI sich am Donnerstag eigentlich noch über sehr viel Rückenwind. Das Momentum scheint der Titel aber nicht in die neue Woche mitnehmen zu können. Im gestrigen Handel gab es wieder recht deutliche Abschläge zu sehen und die jüngsten Meldungen zum Unternehmen könnten dabei eine Rolle gespielt haben.
Streiken ist momentan aufgrund der hohen Inflation ein wenig en vogue und das bekommt nun auch TUI (DE000TUAG505) zu spüren. Bei deren Tochter TUI Customer Operations (TCO) rief die Gewerkschaft Verdi gestern zu einem ganztägigen Warnstreikt von etwa 600 Beschäftigten auf. Das ist aus Anlegersicht aus gleich zwei Gründen bemerkenswert. Zum einen gab es derartiges bei der TUI-Tochter in der Vergangenheit noch nicht zu sehen, wie „Reise vor 9“ berichtet.
Zum anderen handelt es sich um eine nicht eben unwichtige Tochter des Reiseveranstalters, die sich um die Abwicklung von Kundenanliegen sowie solchen der eigenen Reisebüros kümmert. Läuft bei TCO nichts mehr, drohen TUI selbst im schlimmsten Fall wichtige Buchungen durch die Lappen zu gehen und durch nicht bearbeitete Vorgänge könnten sogar mögliche Schadenersatzzahlungen nicht ausgeschlossen werden. Der Warnstreik allein wird zu solchen Effekten noch nicht führen.
Mieses Timing für TUI
Für die TUI-Aktie kommt das Ganze dennoch zur Unzeit. Die Aktionäre sind ohnehin schon schwer verunsichert und geraten nun nur noch mehr ins Zweifeln. Mit der dezenten Erholung scheint es sich da schnell erledigt zu haben. Nachdem TUI sich kürzlich noch bis auf rund 7 Euro verbessern und im frühen Handel am Dienstag weiter zulegen konnte, ging es schon wieder steil in die Tiefe. Bei Handelsschluss notierte das Papier bei 6,66 Euro und damit 4,1 Prozent tiefer.
Nicht sehr viel besser sah es bei den Bezugsrechten aus, die ebenfalls wieder unter Druck geraten sind. Dort wurden zwar keine neuen Tiefststände erreicht. Der Abstand zu den ursprünglichen Kursen fällt aber noch immer katastrophal aus. Manch einer bekommt da schon Zweifel, ob die laufende Kapitalerhöhung noch erfolgreich beendet werden kann. Sollte das nicht gelingen, würde sich wohl der nächste schwere Schlag für TUI ankündigen, und der könnte sehr gut unter die Gürtellinie gehen.
Es sind eher vage Befürchtungen und Ängste, welche der TUI-Aktie aktuell zusetzen. Gleichzeitig konnten sich Hoffnungen auf einen möglichen Short Squeeze aufgrund reger Beteiligungen der Leerverkäufer bisher nicht bestätigen. Da gibt es unter dem Strich nur wenige Argumente für ein Investment, trotz historisch niedriger Kurse. TUI muss noch immer beweisen, dass das Unternehmen nennenswerte Gewinne erzielen kann und trotz einer generellen Erholung nach den Pandemiejahren gibt es daran recht große Zweifel.
Lieber auf der Seitenlinie bleiben
Diskutieren lässt sich derzeit endlos darüber, wo genau TUI den Tiefpunkt erreicht haben und wann sich ein Einstieg lohnen könnte. Aufgrund der enormen Volatilität spricht momentan aber nichts dagegen, eine abwartende Haltung einzunehmen und es sich auf der Seitenlinie gemütlich zu machen. Zumindest die laufende Kapitalerhöhung könnten Anlegerinnen und Anleger noch abwarten, bevor die eigene Anlagestragie überdacht werden müsste.
Grundsätzlich kann aber nur immer wieder darauf hingewiesen werden, dass TUI schon vor der Pandemie mit vielen Problemen zu kämpfen hatte, die auch heute noch aktuell sind. Die Margen fallen bei dem Reisekonzern sehr gering aus. Das Management stellte in den letzten Monaten zwar wiederholt in Aussicht, dass Urlauber derzeit höherklassige Reisen immer mehr bevorzugen würden. Wie sich das in harten Zahlen auswirken wird, ist aber noch nicht richtig abzusehen. Bis solche Daten vorliegen und sich die Zukunft von TUI und dem Reisesektor insgesamt besser abschätzen lässt, besteht da kein Handlungsbedarf.
12.04.2023 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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