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Tesla im Arroganzmodus: Der Kunde zählt nichts

Vorbesteller des Model Y fühlen sich betrogen

NTG24 - Tesla im Arroganzmodus: Der Kunde zählt nichts

 

Das Tesla Model Y soll noch Ende August an die Vorbesteller ausgeliefert werden. Jetzt zieht der Autobauer jedoch nicht nur versteckt die Preise an, sondern ändert auch eigenmächtig Verträge von Kunden.

Kaum ein Auto wird in Deutschland von Interessenten der Elektroautomobilität mehr erwartet als das Model Y von Tesla (US88160R1014). Effizienz, Leistung und Reichweite kombiniert mit einem riesigen Ladevolumen und dem Zugang zum hauseigenen Supercharger Ladenetz machen den Crossover aus dem Hause von Elon Musk für Viele zum perfekten Alltagsauto, gerade auch für Familien.

 

Gigantisches Crowdfunding

 

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Werbebanner ClaudemusSeit März 2019 sind Vorbestellungen möglich und selbst ein völlig unbekannter Liefertermin ließ Fans der Marke nicht davon abhalten, eine Anzahlung von 2.000 € zu leisten. Anders ausgedrückt: Tesla startete eine gigantische Crowdfunding Kampagne und man kann nach Erfahrungen aus den USA und China davon ausgehen, dass auch in Europa die Auftragsbücher voll sind und zig Millionen Euro bei Tesla eingesammelt wurden.

 

Elon Musk vs. Realität

 

Jetzt soll es Ende August 2021 so weit sein: Das Model Y wird ausgeliefert. Allerdings nicht Made in Germany (gerne auch als MiG bezeichnet), sondern erst einmal frisch aus der Gigafactory 3 in Shanghai, China (sog. MiC). Das bedeutet auch: Kein komplettes Gigacasting mit struktureller neuer 4680er Batterie. Ein weiterer Beweis dafür, dass man Elon Musks Tweets nicht gerade viel Vertrauen entgegenbringen sollte, welcher seine Fangemeinde bereits vor längerer Zeit wissen ließ, das Europa nur aus der neuen Gigafactory in Grünheide beliefert werden würde und das mit der eben genannten Technik. Die berühmte „Elon Time“ hat auch wieder zugeschlagen: Immer wieder wurde der Starttermin nach hinten geschoben. Jetzt kommt alles anders, frei nach dem bekannten Satz von Konrad Adenauer „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ kommen die Modelle mit ganz anderer Technik zu einem ganz anderen Zeitpunkt aus China.

Dabei ist es nicht so, dass die Kunden ein schlechtes Auto bekommen werden. Im Gegenteil: Bewährte Technik, eingespielte Produktion und hervorragende Fertigungsqualität stehen einer völlig neuen Produktionslinie in Grünheide gegenüber, von welcher niemand sagen kann, wie gut die Qualität gerade im ersten Hochlauf sein wird. Auch von den hochgelobten 4680er Zellen weiß niemand, was den Kunden dort wirklich erwartet. Während die einen noch warten oder zögern, nehmen andere das Angebot aus China dankend an.

 

Versprechen gebrochen und heimlich Preis erhöht

 

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Werbebanner ISIN-WatchlistEs geht vielmehr darum, was Kunden erwartet haben und was versprochen wurde. Ein Versprechen war auch der Preis: Bei der Vorbestellung sicherte sich der Kunde den damals günstigeren Preis, gerade auch was das Autonome Fahren (FSD) angeht, welches Mitte 2020 um 1.200 € teurer geworden ist. An diesen Preis fühlt sich Tesla allerdings nicht mehr gebunden: Neuer Preis oder kein Auto heißt es wohl in der Hotline, welche aktuell die Vorbesteller abtelefoniert. Augenscheinlich ist der neue Preis auch günstiger, aber wer genau guckt erkennt sofort die versteckte Preiserhöhung, da der Herstelleranteil am Umweltbonus von netto 2.500 € (2.975 € brutto) in der Vorbestellung bislang noch nicht abgezogen war. So hat Tesla jetzt einen großen Teil seines Umweltbonus direkt wieder einkassiert, da die Preise je nach Ausstattung Teils deutlich angezogen wurden. Auch wurde die Anhängerkupplung aus der Bestellung gestrichen und soll im Nachhinein für einen höheren Preis im Service Center dazu gekauft werden, natürlich nicht mehr zum gesicherten Preis der Vorbestellung. Dabei steht in der Bestellvereinbarung:

Sofern Sie Änderungen an Ihrer Fahrzeugkonfiguration vornehmen, können Preiserhöhungen aufgrund von seit Ihrem ursprünglichen Vorbestelldatum vorgenommenen Preisanpassungen anfallen.

Anders ausgedrückt: Erfolgt keine Änderung bleibt es beim Preis. Zu genau einer solchen Änderung drängt Tesla gerade die Kunden, denn die Kunden sollten am Telefon aktiv zustimmen, dass der Vertrag auf das aktuelle Preismodell geändert wird. Durch diese Änderung ist die Bestellvereinbarung im Endeffekt außer Kraft gesetzt worden. Allerdings hat sich Tesla auch abgesichert: Der Umweltbonus ist in der Bestellvereinbarung nie ein Thema gewesen, somit hat der Kunde auch kein Anrecht darauf, von dem alten günstigeren Preis diesen Abzug zu erhalten.

 

Der Unmut in der Fangemeinde wächst

 

Im größten deutschsprachigen Teslaforum Tesla Fahrer und Freunde Forum / TFF Forum häufen sich jedoch mittlerweile Unmut und Beschwerden über die Art und Weise, wie Tesla kommuniziert (oder besser gesagt: nicht kommuniziert) und mit gültigen Bestellvereinbarungen umgeht, da aktuell sogar schon Forenteilnehmer ohne jegliche Nachfrage, Zustimmung oder Aufforderung den neuen Preis und einen neuen Vertrag in Ihrem Bestellkonto stehen haben. Ob dies einen Rechtsverstoß gegen gültiges deutsches Vertragsrecht darstellt, da keine gegenseitige Willensäußerung erfolgt ist, müssten letztlich Juristen beurteilen. Auch im Hinblick darauf, dass laut Vertrag die Bezahlung der Vorbestellung und dieser Vertrag […] nicht im Vorgriff oder in Erwartung eines bedingten Kaufvertrags vorgenommen bzw. eingegangen werden, lässt Tesla hier rechtlich nicht gut aussehen.

 

Warum überhaupt noch vorbestellen?

 

Letztlich muss man sagen: Für die 2000 € Anzahlung, welche die Vorbesteller Tesla überwiesen haben, gibt es keine nennenswerte Vorteile. Ob man jetzt bestellt oder vorbestellt hat, macht nur einen winzigen Unterschied: Man bekommt Ende August schon sein Auto, nicht erst im September (einen Monat später). Kleines Zahlenspiel: Wer im März 2019 Aktien im Wert von 2.000 € zu einem Kurs von ungefähr 50 € gekauft hätte, würde nun über einen Aktienwert von ca. 22.000 € verfügen, also ein Plus von unglaublichen 20.000 €. Das gerade aber die Kunden zu dieser Steigerung des Aktienkurses beitragen, lässt Tesla diese nicht spüren. Ein Beibehalten des Preises hätte dem Unternehmen sicher nicht weh getan.

Aktuell mag diese Kommunikations- und Serviceform des Unternehmens keine Folgen haben: Elektromobilität ist immer noch ein Thema, für welches sich in der Regel gut informierte Personen entscheiden, die sog. Early Adopter oder auf Deutsch: die frühzeitigen Anwender. Diese sind eher bereit, Kompromisse und höheren Aufwand in Kauf zu nehmen. Studien gehen jedoch davon aus, dass wir kurz vor dem Übergang in den Bereich der frühen Mehrheit übergehen. In dieser Gruppe trifft Tesla auf ein Zielpublikum, was dazu meist nicht mehr bereit ist und einen gewissen Servicestandard gewohnt ist. Vielleicht sollte Tesla daher seine Vorgehensweise noch einmal evaluieren.

 

21.07.2021 - Matthias Eilenbrock - me@ntg24.de

 

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  • - 13.01.2022 20:50:11 Uhr


 

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