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Gewinnenttäuschungen in der Old Economy

Gewinnwarnungen konjunktursensitiver europäischer Unternehmen

 

In bedenklicher Weise dreht sich seit Mai die Spirale von Gewinnwarnungen und Gewinnenttäuschungen im Rahmen der vorzulegenden Unternehmensergebnisse für das 2. Quartal 2019 nun immer schneller, und dies bisher vornehmlich gerade in Europa.

Besonders verwunderlich ist dies von der reinen Unternehmens-Umsatzseite her zwar nicht. Denn die hierfür aussagekräftigsten industriellen Einkaufsmanager-Indizes von den USA über Europa bis hin zu China und Japan befinden sich bereits exakt seit Anfang 2018 in einem sehr synchronen und bis dato ungebremsten Abschwung.

Was jedoch allein schon auf der Geschäftsebene im Bereich der Unternehmens-Umsätze auffällt: Während unter den 3 genannten Welthandelsblöcken die USA derzeit der einzige Block ist, dessen Einkaufsmanager-Verhalten zumindest noch leicht expansiv ausgerichtet ist (aktueller Wert rd. 52, d.h. über der neutralen Schwelle von 50), sind Asien und Europa mittlerweile bereits auf einen rückläufigen Investitions- und Produktionspfad eingeschwenkt. So liegen diese Werte in Japan und China wenigstens noch gleichauf bei ca. 49, während Europa schon bei diesem Maß der allgemeinen Industrieaktivität mit einem Wert von 47 bereits das Nachsehen hat.

 

Deutschland als Schlußlicht

 

Noch unerfreulicher wird es, wenn man aktuell die europäischen Einkaufsmanager-Indizes separat nach ihren Kernländern differenziert : Hier bildet Deutschland mit einem Indexstand von nur noch 45 derzeit sogar das Schlusslicht aller kerneuropäischen Länder. Dagegen bringt es ausgerechnet Frankreich als der deutsche "Erzkonkurrent" im Kampf um die wirtschaftliche Führungsrolle der Eurozone aktuell sogar auf einen europäischen Einkaufsmanager-Spitzenwert von 52 (gleichauf mit den USA).

Bereits hierdurch wird deutlich, dass die deutsche Wirtschaft in ihrer traditionell führenden Investitions- und Exportkonjunktur-Abhängigkeit durch einen global erlahmenden Welthandel und Auftragseingang - wie er vor allem durch die vielfältigen US-Handels- und Zollsanktionen ausgelöst wurde - mittlerweile so stark tangiert wird, wie kaum ein zweites Land in Europa.

Doch wieso schlägt alleine schon dieser Effekt stagnierender bzw. rückläufiger Wirtschaftsaktivität dann auch gerade nochmals stärker auf die Gewinnentwicklungen kerneuropäischer bzw. deutscher Unternehmen durch?

Und warum sieht - entgegen dem vor Jahren positiv beschworenen "Mythos" der Abkopplung europäischer Wirtschafts- und Finanzmarktentwicklungen von den USA - gerade auch die traditionelle europäische "Old Economy" tragender Sektoren wie Automobile, Chemie, Maschinenbau, Stahl und Banken gegenüber den USA und selbst gegenüber Japan wortwörtlich in der Tat von Jahr zu Jahr "älter" aus?

 

Operative Margen als Warnsignal

 

Nun, die optisch sichtbarste Diagnose hierfür lässt sich natürlich bereits aus den OPERATIVEN MARGEN als direktem Indikator jeglicher Unternehmens-Profitabilität herleiten. Und diese Bilanz lässt sich nur noch mit viel Wohlwollen für Gesamt-Europa und erst Recht für Deutschland als reichlich "trostlos" bezeichen:

Exakt seit Ende der Immobilien-Krise in 2009 öffnet sich die Schere zwischen der Gewinnmargen-Entwicklung in USA und Japan relativ zu Europa zunehmend dramatisch. Während von Anfang 2009 bis heute in Japan und den USA die Gewinnspannen um stolze 5 %-Punkte ausgeweitet wurden, waren dies im gleichen Zeitraum in Europa lediglich dürftige 2%. Mit dem Resultat, dass der Gewinnmargen-Abstand zwischen USA und Europa mittlerweile (mit kontinuierlichem Ausbau) auf satte 4%, nämlich 12% in den USA versus 8% in Europa angewachsen ist ! Und selbst auch in Japan, das gerade nach der Immobilienkrise in 2009 wirtschaftlich schon fast hoffnungslos am Boden lag, sind durch staatlich verordnete Radikal- und Reformkuren unter Ministerpräsident Abe die operativen Unternehmensmargen mittlerweile auf ein Niveau von 6% und damit einen nur noch 2%-Punkte betragenden Abstand zur Durchschnitts-Profitabilität europäischer Unternehmen hochgeschnellt.       

Und wie schneidet Deutschland im Kontext der operativen Unternehmensmargen ab ?  Ebenfalls zunehmend  bescheiden ! Nach nur kurzem "Aufflackern" von 2009  - 2011 stagniert in Deutschland seither, trotz zeitgleicher weltweiter Wirtschaftsbelebungen, die durchschnittliche operative Gewinnmarge der Unternehmen fast regungslos bei rd. 6,5%.  Andere europäische Wirtschaftsnationen, wie z.B. Großbritannien (9%), Frankreich (8%) und selbst Spanien (sogar 10,5%) stehen in puncto unternehmerischer Profitabilität mittlerweile merklich besser dar ! Und auch Schweizerische Industrie-Unternehmen sind in puncto Margenstärke ihren deutschen Pendants in aller Regel ein Stück voraus.

 

Warum verliert Europa den Anschluß?

 

Die Aufzählung der Gründe, warum europäische und speziell deutsche Unternehmen im industriellen Bereich schon seit Jahren nun offenbar immer mehr den internationalen Anschluss verlieren und dadurch auch die Serie jüngster Gewinnwarnungen und unterdurchschnittlicher Aktienkursentwicklungen erklärlich wird, ist sehr vielfältig und würde den Rahmen dieser Analyse sprengen (Gewinnwarnungen z.B. von Lufthansa (DE0008232125), Daimler (DE0007100000), Brenntag (DE000A1DAHH0), BASF (DE000BASF111), Fuchs Petrolub (DE0005790430), Krones (DE0006335003), Heidelberger Druck (DE0007314007), Norma (DE000A1H8BV3) und Deutz (DE0006305006)).

Nur soviel sei gesagt: Die Ursachen hierfür alleine - wie gerne praktiziert - in politischen Umfeldern, wie z.B. den zugegebenermaßen in Deutschland für die Unternehmensergebnisse wenig förderlichen Arbeitsmarkt- und Steuerbedingungen zu suchen, greift sicher bei Weitem zu kurz.

Vielmehr entscheidend für den langfristigen Erfolg oder Mißerfolg eines Unternehmens (und das gerade auch am Aktienmarkt) ist natürlich letzten Endes alleine die Qualität eines jeden Unternehmensmanagements, was dafür verantwortlich ist, auf herausfordende Markt- und Geschäftsumfelder sowie hier gesehene unternehmerische Schwachpunkte sofort und einschneidend mit entsprechenden Weichenstellungen zu reagieren, und somit in jeder Lage ein Unternehmen strategisch dauerhaft auf Kurs zu halten (und nicht nur etwa durch reinen, zumeist leider eher "krank" schrumpfenden Stellenabbau).

Und genau allein hier trennt sich nach unserer Überzeugung langfristig auch die Spreu vom Weizen, bzw. die Bewertung, welche Aktien und Unternehmen die breite Anlegerschaft beständig schätzt und mit nachhaltiger Outperformance belohnt, und welche im Gegenteil (zunehmend) gemieden und für fallweise Gewinnwarnungen besonders abgestraft werden:

 

Worauf Investoren achten sollten

 

Es sind nämlich nachweisbar Unternehmen, die ausschließlich zwei Kategorien angehören, um nachhaltig auf der Aktien-Gewinnerseite gegenüber anderen Index-Konkurrenten zu sein.  

Zum einen Unternehmen, die bereits von Vorneherein Nischenpositionen mit höchsten Eintrittshürden einnehmen, welche derartigen Konzernen schnell zu höchster internationaler Akzeptanz verhelfen.  Hier sei beispielsweise für auf Medizintechnik- und -forschungskonzerne wie Carl Zeiss Meditec (DE0005313704), Sartorius (DE0007165631), Evotec (DE0005664809) oder Straumann (CH0012280076) verwiesen.

Zum anderen aber auch jene Unternehmen, die sich auch in schwierigeren Geschäftsprofilen und -umfeldern täglich aufs Neue "erfinden" und durch entsprechende risikomindernde wie ertragssteigernde Profilveränderungen strategisch beständig mit jeweils gewandelten Marktumfeldern mitgehen. Exemplarisch seien hier nur Unternehmen wie Adidas (DE000A1EWWW0) und Puma (DE0006969603), Hannover Rück (DE0008402215) und Münchener Rück (DE0008430026) oder auch z.B. Lonza (CH0013841017) und Philips (NL0000009538) genannt, die ihr Produktportfolio, weit stärker als viele Branchen- oder Index-Konkurrenten, risiko- wie margenseitig bereits seit Jahren mit hoher Konsequenz kontinuierlich auf den Prüfstand stellen und bei unterdurchschnittlicher Ergbnisperformance gegebenenfalls rasch anpassen.         

Derartigen Unternehmen sollte nach unserer Überzeugung daher auch weiterhin generell ein Vorzug in einer nachhaltig renditeorientierten Aktienselektion gegeben werden. Dagegen sollten Unternehmen (egal welcher Nation), die heutzutage überzeugende strategische Antworten auf immer klarer zutage tretende "Old Economy Profile" managementseitig zunehmend vermissen lassen, konsequent gemieden werden, und dies erst Recht innerhalb völlig intakter charttechnischer Korrekturtrends.

 

22.07.2019 - Matthias Reiner - mr@ntg24.de

 


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